Linguistik/Kulturwissenschaft.
Grenzverläufe im Spannungsfeld zweier epistemischer Felder

Tho­mas Metten

 

Seit Beginn der 1990er Jah­re wird die Trans­for­ma­ti­on der Geis­tes­wis­sen­schaf­ten zu Kul­tur­wis­sen­schaf­ten inten­siv dis­ku­tiert (vgl. Früh­wald et al. 1991). Mit die­ser Ent­wick­lung geht ein­her, dass ›Kul­tur‹ als erkennt­nis­lei­ten­des Para­dig­ma die Zen­tral­stel­lung theo­rie­ge­schicht­lich vor­aus­ge­hen­der Kon­zep­te wie ›Geist‹ oder ›Gesell­schaft‹ zuneh­mend ablöst, zumin­dest aber gegen­über die­sen an Gewicht gewinnt. Wäh­rend das Ver­hält­nis von Lin­gu­is­tik und Kul­tur­wis­sen­schaft daher einer­seits als inter­dis­zi­pli­nä­res Ver­hält­nis zwei­er Ein­zel­wis­sen­schaf­ten dis­ku­tiert wer­den kann, stellt sich das Ver­hält­nis von Lin­gu­is­tik und Kul­tur­wis­sen­schaf­ten als das einer Über- bzw. Unter­ord­nung im Rah­men einer all­ge­mei­nen Wis­sen­schafts­sys­te­ma­tik dar. Die Lin­gu­is­tik ist hier poten­zi­ell eine Kul­tur­wis­sen­schaft unter ande­ren. Zudem hat sich auch inner­halb der Lin­gu­is­tik – ins­be­son­de­re in der Nach­fol­ge ver­gleich­ba­rer Ent­wick­lun­gen in ande­ren Dis­zi­pli­nen – eine neue Bin­de­strich­lin­gu­is­tik eta­bliert: die Kul­tur-Lin­gu­is­tik. Das Rele­vant-Wer­den kul­tur­be­zo­ge­ner Fra­ge­stel­lun­gen hat folg­lich zur Ent­ste­hung einer neu­en Sub­dis­zi­plin geführt, die der Lin­gu­is­tik als Ein­zel­wis­sen­schaft unter­ge­ord­net ist. Für die Dis­kus­si­on des Ver­hält­nis­ses von Lin­gu­is­tik und Kul­tur­wis­sen­schaft ist dar­über hin­aus eine vier­te Per­spek­ti­ve von Bedeu­tung: Die­se betrifft das Ver­hält­nis der Lin­gu­is­tik zu sich selbst, d.h. die Ent­wick­lung und Eta­blie­rung eines grund­le­gend ande­ren fach­wis­sen­schaft­li­chen Selbst­ver­ständ­nis­ses. Im Kern geht es dabei um die Fra­ge nach einer ins­ge­samt ande­ren, kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Lin­gu­is­tik.

Wäh­rend die hier dar­ge­stell­ten Ver­hält­nis­be­stim­mun­gen alle­samt inner­halb der Geis­tes­wis­sen­schaf­ten zu ver­or­ten sind, füh­ren die Umbil­dungs­pro­zes­se dar­über hin­aus zu einer Ver­än­de­rung des Ver­hält­nis­ses von Natur- und Geis­tes­wis­sen­schaf­ten: Die seit dem 19. Jahr­hun­dert eta­blier­te Ent­ge­gen­stel­lung die­ser Wis­sen­schafts­be­rei­che, die nicht zuletzt durch die von Wil­helm Dil­they ent­wor­fe­ne metho­di­sche Oppo­si­ti­on von ›Erklä­renund ›Ver­ste­hensalon­fä­hig wur­de, hat sich zwar nicht ver­flüch­tigt, aller­dings sind par­ti­ell Ansät­ze einer Grenz­öff­nung zu erken­nen. Par­al­lel dazu wird die Ent­ge­gen­stel­lung der Phä­no­men­be­rei­che ›Naturund ›Kul­tur‹ kri­tisch dis­ku­tiert: Neue­re For­schungs­per­spek­ti­ven, wie sie z.B. mit dem Begriff des Anthro­po­zän ver­bun­den sind, ori­en­tie­ren sich eher am Para­dig­ma einer ›Natur­Kul­tur. In enger Ver­bin­dung damit ist zu dis­ku­tie­ren, inwie­fern dar­in auch Pro­zes­se eines gesell­schaft­li­chen Wan­dels zum Aus­druck kom­men, die dazu geführt haben, dass zeit­ge­schicht­li­che Ein­ord­nun­gen wie ›Moder­neoder ›Moder­ni­sie­rung‹ zuneh­mend ihre Erklä­rungs­kraft ein­bü­ßen. Sozi­al­wis­sen­schaft­li­che Dia­gno­sen, wie sie mit den Kon­zep­ten ›Spät­mo­der­ne oder ›refle­xi­ve Moder­never­bun­den sind, wei­sen seit den 1980er Jah­ren auf einen tief­grei­fen­den Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess hin (vgl. Met­ten 2016b, 9f.). Durch die neu­er­dings von Bru­no Latour for­mu­lier­te Wen­de zur ›Nicht-Moder­ne wird das Über­schrei­ten einer Gren­ze hin zu einem ande­ren gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lungs­ver­ständ­nis expli­zit gemacht (vgl. Latour 1992).

Zwar mag man kri­tisch dis­ku­tie­ren, ob die von Latour pos­tu­lier­te Ent­wick­lung empi­risch ange­mes­sen vali­diert wer­den kann, aller­dings ist unbe­strit­ten, dass die Gene­se des kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Para­dig­mas mit einem kul­tu­rel­len Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess ein­her­geht, der sich in sol­chen Kon­zep­ten und Begrif­fen reflek­tie­ren lässt. Die jüngst von Andre­as Reck­witz im Kon­text sei­ner Gesell­schaft der Sin­gu­la­ri­tä­ten gestell­te Dia­gno­se weist die­se Ent­wick­lung selbst auch als einen Pro­zess der ›Kul­tu­ra­li­sie­rungaus (vgl. Reck­witz 2017, insb. 75–92). Mit Bezug dar­auf wird unmit­tel­bar ersicht­lich, dass die Her­aus­bil­dung der Kul­tur­wis­sen­schaf­ten in einem wei­te­ren Kon­text zu ver­or­ten ist, wes­halb der cul­tu­ral turn nicht nur als par­ti­ku­la­re Ent­wick­lung inner­halb ein­zel­ner Dis­zi­pli­nen oder Wis­sen­schafts­be­rei­che dis­ku­tiert wer­den kann. Ange­sicht des­sen erscheint auch die Dis­kus­si­on dar­um, ob eine Ein­zel­dis­zi­plin Kul­tur­wis­sen­schaft bereits hin­rei­chend schar­fe Kon­tu­ren auf­weist, obso­let, denn die Rele­vanz kul­tur­wis­sen­schaft­li­cher For­schung kann ange­sichts der hier (nur lose) skiz­zier­ten Ent­wick­lun­gen kaum bestrit­ten wer­den. Umge­kehrt zeigt sich, dass der cul­tu­ral turn auch inner­halb der Lin­gu­is­tik zu neu­en Ent­wick­lun­gen und Grenz­ver­läu­fen geführt hat. In den nach­fol­gen­den Abschnit­ten erfolgt daher eine schritt­wei­se Ver­tie­fung der äuße­ren wie inne­ren Ver­hält­nis­be­stim­mung von Lin­gu­is­tik und Kul­tur­wis­sen­schaft, die die­se Grenz­ver­läu­fe in Ansät­zen soll sicht­bar wer­den lassen.

 

1. Linguistik als Kulturwissenschaft

Begreift man die Kul­tur­wis­sen­schaf­ten als ein Dach, das ver­schie­de­ne Dis­zi­pli­nen über­spannt, wie dies bereits für die Geis­tes­wis­sen­schaf­ten der Fall war, so stellt sich die Fra­ge, ob sich die Lin­gu­is­tik dar­un­ter ver­or­ten lässt. Die Ein­schät­zun­gen hier­zu diver­gie­ren: Gabrie­le Lin­ke geht in ihrem Über­blick von einer engen Ver­bin­dung von Spra­che und Kul­tur in der his­to­risch-ver­glei­chen­den Sprach­wis­sen­schaft des 19. Jahr­hun­derts – ins­be­son­de­re bei Her­der und Hum­boldt – aus, sie ver­weist auf den Zusam­men­hang von Spra­che und Den­ken, wie er in der Sapir-Whorf-Hypo­the­se gefasst ist, um letzt­lich auf­zu­zei­gen, dass die deskrip­ti­ve Lin­gu­is­tik, wie sie durch Fer­di­nand de Sauss­u­re initi­iert wur­de, Fra­gen der Seman­tik und des kul­tu­rel­len Kon­tex­tes sys­te­ma­tisch aus­ge­blen­det habe (G. Lin­ke 2005, 193f.). Ihre kur­ze Geschich­te des Zusam­men­hangs von Spra­che und Kul­tur mün­det daher in der Aus­sa­ge, dass es kaum Fäl­le gebe, »in denen die Kul­tur­wis­sen­schaft direkt die Lin­gu­is­tik beein­flusst hat« (G. Lin­ke 2005, 197). Dem ent­ge­gen hat Ange­li­ka Lin­ke deut­lich poin­tier­ter her­aus­ge­stellt, dass die Lin­gu­is­tik des 20. Jahr­hun­derts expli­zit durch einen Aus­schluss des Kul­tu­rel­len cha­rak­te­ri­siert sei (vgl. A. Lin­ke 2018, 350). Auch in einer frü­he­ren Publi­ka­ti­on kom­men Susan­ne Günth­ner und sie zu dem Fazit, dass die Aus­ein­an­der­set­zung mit der Ent­wick­lung hin zu den Kul­tur­wis­sen­schaf­ten in der Lin­gu­is­tik »zöger­lich« und »wenig kohä­rent« ver­lau­fen sei (Günthner/A. Lin­ke 2006, 2f.; vgl. dazu auch A. Lin­ke 2011, 25). Kon­rad Ehlich spricht gar von »Refle­xi­ons­ver­wei­ge­rung« (vgl. Ehlich 2006, 51).

Die Geschich­te der Sprach­wis­sen­schaft lässt sich daher auch als eine »Geschich­te der Aus­la­ge­rung der kul­tu­rel­len Bedin­gungs­rah­men sprach­li­cher Kom­mu­ni­ka­ti­on aus dem Fokus der theo­re­ti­schen Gegen­stands­kon­sti­tu­ti­on« beschrei­ben (Jäger 2006, 28). Ihr Resul­tat sei die Fokus­sie­rung der Lin­gu­is­tik auf die Spra­che selbst. Ange­sichts der kon­se­quen­ten Ver­drän­gung kul­tur­be­zo­ge­ner Fra­ge­stel­lun­gen stellt sich daher auch die Fra­ge, ob die Lin­gu­is­tik des 20. Jahr­hun­derts in ihrem Main­stream über­haupt den Geis­tes­wis­sen­schaf­ten zuge­rech­net wer­den kann. Die Fra­ge nach Zuord­nung und Grenz­zie­hung spitzt sich zu, betrach­tet man ihre Ver­or­tung inner­halb der Ger­ma­nis­tik. Für ihre wis­sen­schafts­sys­te­ma­ti­sche Ein­ord­nung ist ins­be­son­de­re das Ver­hält­nis zur Lite­ra­tur­wis­sen­schaft auf­schluss­reich. Hier zeigt sich ein ähn­li­ches Bild wie in der Bezie­hung zur Kul­tur­wis­sen­schaft: Die moder­ne Lin­gu­is­tik habe sich, so Knob­loch, seit ihrer Ent­ste­hung nahe­zu voll­stän­dig los­ge­löst von der Lite­ra­tur­wis­sen­schaft ent­wi­ckelt (vgl. dazu Knob­loch 2013, 30f.). Die Ent­kopp­lung sei auf der Basis ihrer »metho­do­lo­gi­schen Szi­en­ti­fi­zie­rung« erfolgt, die bereits Ende des 19. Jahr­hun­derts ein­set­ze (vgl. ebd., 32). Die­ser knap­pe Hin­weis ver­deut­licht: Die Kluft zwi­schen Lin­gu­is­tik und Lite­ra­tur­wis­sen­schaft ist mehr als eine arbeits­tei­li­ge Unter­glie­de­rung der Ger­ma­nis­tik, sie mar­kiert viel­mehr einen metho­do­lo­gi­schen Grund­kon­flikt im Umgang mit den Gegen­stän­den Sprache/Literatur. Der Aus­gangs­punkt einer jeden Her­me­neu­tik, dass es sich bei Spra­che um einen Gegen­stand han­delt, der sich – über eine her­me­neu­ti­sche Dif­fe­renz hin­weg – nur ver­ste­hend erschlie­ßen lässt, taucht in der Gene­se der moder­nen Lin­gu­is­tik weder bei Fer­di­nand de Sauss­u­re noch bei Noam Chom­sky auf. Peter Auer hat daher her­aus­ge­stellt, dass die Sprach­wis­sen­schaft ihre Ver­bin­dung zu den geis­tes- und sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Dis­zi­pli­nen ins­ge­samt gekappt habe, wor­aus ihre »Iso­lie­rung« resul­tie­re (vgl. Auer 2000, 58).

Ansät­ze, in kri­ti­scher Abset­zung davon eine her­me­neu­ti­sche Lin­gu­is­tik zu eta­blie­ren, waren bis in die Gegen­wart nur bedingt erfolg­reich. So lässt sich über wei­te Stre­cken bes­ten­falls von einer dis­kon­ti­nu­ier­li­chen Geschich­te des Ver­suchs spre­chen, die Lin­gu­is­tik in die ver­ste­hen­den, d.h. geis­tes­wis­sen­schaft­li­chen Dis­zi­pli­nen zu reinte­grie­ren. Lud­wig Jägers Rekon­struk­ti­on des her­me­neu­ti­schen Sauss­u­re bil­det dafür einen wich­ti­gen Aus­gangs­punkt (vgl. Jäger 1975). Sei­ne Dis­ser­ta­ti­on zielt von Beginn an auch auf eine kri­ti­sche Refle­xi­on der Prä­mis­sen der moder­nen Lin­gu­is­tik. So macht er deut­lich, dass der Sauss­u­re des Struk­tu­ra­lis­mus, der gemein­hin als Grün­der­fi­gur der moder­nen Lin­gu­is­tik gehan­delt wird, ange­sichts der quel­len­kri­ti­schen Auf­ar­bei­tung des Cours bes­ten­falls als fik­ti­ve Figur gel­ten kann, die einem »dog­ma­ti­schen und unge­schicht­li­chen Selbst­be­wußt­sein« der neue­ren Lin­gu­is­tik ent­sprun­gen ist (vgl. Jäger 1975, 16). Es ist aller­dings kaum ein Zufall, wenn Jäger kur­ze Zeit spä­ter zu der Fest­stel­lung gelangt, dass in der Lin­gu­is­tik eine Scheu vor­herr­sche, ihre »impli­zi­ten Erkennt­nis­pos­tu­la­te einer kri­ti­schen Refle­xi­on zu unter­zie­hen, d.h. sie zu expli­zie­ren und bezüg­lich ihrer Legi­ti­mi­tät zu ana­ly­sie­ren« (Jäger 1979, 13; Herv. i.O.).

Die wei­te­re Ent­wick­lung ver­läuft dem ent­spre­chend: 1989 erscheint Bernd Ulrich Bie­res Habi­li­ta­ti­ons­schrift Ver­ständ­lich-Machen, in der er aus­ge­hend von der Auf­klä­rungs­her­me­neu­tik bei Chla­de­ni­us über Schlei­er­ma­cher und Peirce eine Begrün­dung für eine her­me­neu­ti­sche Lin­gu­is­tik ent­wi­ckelt. Bie­re spricht ein­lei­tend expli­zit von einer »Wie­der­ein­glie­de­rung in jene ursprüng­lich phi­lo­lo­gi­sche Tra­di­ti­on«, aus der sich die Lin­gu­is­tik im Zuge struk­tu­ra­lis­ti­scher und gene­ra­ti­vis­ti­scher Denk­wei­sen her­aus­be­wegt habe (vgl. Bie­re 1989, 2). Hier­an schlie­ßen in den 2000er Jah­ren die Arbei­ten von Fritz Her­manns (u.a. 2003) oder Andre­as Gardt (2007) an. Zuletzt hat Jochen Bär einen umfäng­li­chen Vor­schlag für eine Her­me­neu­ti­sche Lin­gu­is­tik (2015) vor­ge­legt. Den­noch kann eine her­me­neu­ti­sche Lin­gu­is­tik wei­ter­hin kaum als selbst­ver­ständ­lich gel­ten. Auch die neue­re lin­gu­is­ti­sche Dis­kus­si­on hat die her­me­neu­ti­sche Dimen­si­on von Spra­che nie wirk­lich inte­griert, da sie im ›Sinn‹ stets Unschär­fe, Unbe­stimmt­heit und Unge­nau­ig­keit ver­mu­tet hat, also jene Aspek­te, die sich kon­trär zum natur­wis­sen­schaft­li­chen Metho­den­ide­al der Exakt­heit und der metho­di­schen Stren­ge ver­hal­ten. Vor die­sem Hin­ter­grund lässt sich das Ver­hält­nis von Lin­gu­is­tik und Lite­ra­tur­wis­sen­schaft wei­ter­hin über­wie­gend als inter­dis­zi­pli­nä­res Ver­hält­nis zwei­er von­ein­an­der ver­schie­de­ner Wis­sen­schaf­ten beschrei­ben (vgl. Bleumer/Franceschini/Habscheid/Werber 2013, 14). Die durch die Ger­ma­nis­tik pos­tu­lier­te Ein­heit der bei­den Fach­tei­le hat dem ent­spre­chend schon Her­mann Baus­in­ger als blo­ßen »Sonn­tags­über­bau« bezeich­net: Die eigent­li­che Arbeit fin­de an den Werk­ta­gen getrennt von­ein­an­der statt (vgl. Baus­in­ger 1980, 21).

Es über­rascht daher nicht, dass sich die Lite­ra­tur­wis­sen­schaft, deut­lich frü­her als die Lin­gu­is­tik, »sehr erfolg­reich hin zu einer Kul­tur­wis­sen­schaft ›ent­grenzt‹« habe (Bog­dal 2013). Die Ein­be­zie­hung neu­er und ande­rer Medi­en, sowie die damit ein­her­ge­hen­de Annä­he­rung an die Medi­en­wis­sen­schaft, fun­gier­te hier­bei als Tür­öff­ner, der im nächs­ten Schritt bei­na­he auto­ma­tisch kul­tur­be­zo­ge­ne Fra­ge­stel­lun­gen folg­ten. Die deutsch­spra­chi­ge Kul­tur­wis­sen­schaft ist daher in ihrer Gene­se, aber auch gegen­wär­tig über­wie­gend durch die Arbei­ten von Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­lern geprägt (vgl. u.a. die Über­blicks­dar­stel­lun­gen von Böhme/Scherpe 1996; Böhme/Matussek/Müller 2000; Benthien/Velten 2002; Bach­mann-Medick 2006). Dem ent­ge­gen – dies darf im Rah­men einer Fest­schrift nicht uner­wähnt blei­ben – ist es aller­dings kein Zufall, dass die Ent­ste­hung einer kul­tur­wis­sen­schaft­lich ori­en­tier­ten Lin­gu­is­tik in Koblenz bereits früh ein­setz­te: Im Kon­text der so genann­ten ›Rhein­schie­nen-Lin­gu­is­tik‹ war die­se durch den Dia­log der ger­ma­nis­ti­schen Insti­tu­te an den Uni­ver­si­tä­ten Aachen, Trier und Koblenz durch die her­me­neu­tisch und prag­ma­tisch ori­en­tier­ten Arbei­ten von Lud­wig Jäger, Bernd Ulrich Bie­re, Josef Klein oder auch Rai­ner Wim­mer vor­ge­zeich­net. Dar­über hin­aus wird in Koblenz tra­di­tio­nell der Ansatz einer inte­grier­ten Ger­ma­nis­tik gelebt, der durch die enge, per­spek­tiv­über­grei­fen­de Zusam­men­ar­beit von Lin­gu­is­tik und Lite­ra­tur­wis­sen­schaft gekenn­zeich­net ist. Dass im Zuge der Bache­lor- und Mas­ter-Refor­men der 2000er Jah­re bereits vor mehr als zehn Jah­ren der BA-/MA-Stu­di­en­gang Kul­tur­wis­sen­schaft – unter maß­geb­li­cher Mit­wir­kung des Insti­tuts für Ger­ma­nis­tik sowie von Wolf Andre­as Lie­bert – ein­ge­führt wur­de, lässt sich in die­sem Zusam­men­hang verstehen.

 

2. Kultur-Linguistik

Die wäh­rend der Gene­se der moder­nen Lin­gu­is­tik im 20. Jahr­hun­dert voll­zo­ge­ne Ent­kul­tu­ra­li­sie­rung von Spra­che wird seit eini­ger Zeit kri­tisch dis­ku­tiert. So hat sich neu­er­dings eine Kul­tur­lin­gu­is­tik her­aus­ge­bil­det, deren Bezeich­nung einem eta­blier­ten Mus­ter folgt, das für die Her­aus­bil­dung auch ande­rer Bin­de­strich­lin­gu­is­ti­ken (z.B. Sozio-lin­gu­is­tik, Medi­en-lin­gu­is­tik, Dis­kurs-lin­gu­is­tik) cha­rak­te­ris­tisch ist. Mit die­ser geht der Anspruch auf einen umgrenz­ten, eigen­stän­di­gen Teil­be­reich der Lin­gu­is­tik ein­her, der teils auch als kul­tur­wis­sen­schaft­lich ori­en­tier­te oder kul­tur­ana­ly­ti­sche Lin­gu­is­tik bezeich­net wird. Zu den pro­mi­nen­tes­ten Aus­gangs­punk­ten gehört u.a. die von Ange­li­ka Lin­ke ent­wi­ckel­te Kul­tur­his­to­ri­sche Lin­gu­is­tik, auf die ich kurz näher ein­ge­hen möch­te. Lin­ke prä­sen­tiert die­se als ein Arbeits­feld, das über eige­ne theo­re­ti­sche Kon­zep­te, metho­di­sche Zugän­ge und Gegen­stän­de ver­fügt, wobei sie die gesam­te Aus­ein­an­der­set­zung der Lin­gu­is­tik mit dem Zusam­men­hang von Spra­che und Kul­tur, wie er sich seit den 1980er Jah­ren ent­wi­ckelt hat, dar­un­ter sub­su­miert (vgl. A. Lin­ke 2018). Dabei schließt sie unmit­tel­bar an vor­her­ge­hen­de lin­gu­is­ti­sche Teil­dis­zi­pli­nen und Arbeits­fel­der an – etwa an die His­to­ri­sche Prag­ma­tik, die His­to­ri­sche Seman­tik oder auch die His­to­ri­sche Sozio­lin­gu­is­tik. Ange­sichts die­ser Refe­renz­punk­te über­rascht es nicht, dass sie für die kul­tur­his­to­ri­sche Lin­gu­is­tik angibt, dass die­se unter­schied­li­che his­to­ri­sche Zustän­de sowie die Ver­än­de­run­gen zwi­schen die­sen unter­su­che. Sie sei dia­chron ori­en­tiert; ihre zen­tra­le Fra­ge lau­te: »Wes­halb (gera­de) das (gera­de) jetzt?« (A. Lin­ke 2018, 362; Herv. i.O.).

Unter dem Vor­zei­chen von Kul­tur wer­den so ins­be­son­de­re his­to­ri­sche sowie gesell­schaft­li­che Aspek­te von Spra­che berück­sich­tigt, wodurch in den Blick gerückt wird, was zuvor wei­test­ge­hend aus­ge­blen­det wur­de. Aller­dings kann hier­bei zugleich der Ein­druck ent­ste­hen, dass eine sol­che Erwei­te­rung einer Auf­hol­be­we­gung gleich kommt, bei der letzt­lich nicht mehr genau unter­schie­den wird zwi­schen his­to­ri­schen, sozia­len und kul­tu­rel­len Aspek­ten – viel­mehr erscheint ›Kul­tur(und dar­in löst sie poten­zi­ell die Prag­ma­tik ab) ins­ge­samt als Sam­mel­be­cken für über lan­ge Zeit hin­weg aus­ge­blen­de­te Aspek­te. Bemer­kens­wert ist dabei, dass Lin­ke angibt, dass sich der damit ver­bun­de­ne Kul­tur­be­griff, der sich aus unter­schied­li­chen Posi­tio­nen spei­se, »sehr leicht an die bestehen­den fach­in­ter­nen Denk­tra­di­tio­nen anschlie­ßen« las­se (A. Lin­ke 2018, 354). Die­ser Hin­weis über­rascht, da die Inte­gra­ti­on kul­tur­be­zo­ge­ner Fra­ge­stel­lun­gen über Jahr­zehn­te hin­weg unmög­lich schien, und da deren Inte­gra­ti­on in ande­ren Dis­zi­pli­nen teils zu hef­ti­gen theo­re­ti­schen Debat­ten geführt hat. Wie das, was stets aus­ge­schlos­sen wur­de, leicht inte­griert wer­den kann, bleibt daher zunächst offen. Kon­kret stellt sich auch die Fra­ge, ob neue­re Kon­zep­te hier nicht zu schnell adap­tiert wer­den, ohne eine wei­ter­ge­hen­de Theo­rie­dis­kus­si­on zu wagen.

Die Ant­wort lässt sich aus einer Argu­men­ta­ti­ons­fi­gur ablei­ten, die cha­rak­te­ris­tisch für die Kul­tur­lin­gu­is­tik ist: Spra­che gilt als in Kul­tur ein­ge­bet­tet. Alter­na­tiv: Spra­che ist durch Kul­tur geprägt. Durch den Begriff der ›Ein­bet­tungwird so beschrie­ben, dass Kul­tur stets einen kon­kre­ten Kon­text des Sprach­ge­brauchs bil­det. Damit wird zunächst ein situa­ti­ves Moment in den Vor­der­grund gestellt. Wenn dar­über hin­aus die Rede davon ist, dass Kul­tur Spra­che ›prägt, so wird dadurch zudem auf einen wei­te­ren Zusam­men­hang ver­wie­sen: den sozi­al­his­to­ri­schen Kon­text. Dabei geht es nicht um die aktu­el­le Sprach­ver­wen­dung in einer spe­zi­fi­schen Situa­ti­on, son­dern um Spra­che als sol­che in einer bestimm­ten Zeit (respek­ti­ve: Epo­che). Dabei zeigt sich, dass die Her­aus­bil­dung der Kul­tur­lin­gu­is­tik wei­ter­hin stark durch eine Abset­zungs­be­we­gung bestimmt ist: Pri­mär rich­tet sich die­se gegen eine ent­kon­tex­tua­li­sier­te Betrach­tung von Spra­che. Die Kul­tur­lin­gu­is­tik setzt sich damit von einer Kon­zep­ti­on ab, die auf die Rekon­struk­ti­on eines idea­len, uni­ver­sel­len Regel­ap­pa­ra­tes zielt (sprich: von einer Chom­sky-Lin­gu­is­tik), um deren »Los­lö­sung von der gesell­schaft­li­chen Pra­xis« zu revi­die­ren (vgl. Günthner/A. Lin­ke 2006, 13). Dem ent­ge­gen zielt sie auf eine Betrach­tung von Spra­che, die die­se in situa­ti­ve, gesell­schaft­li­che sowie his­to­ri­sche Zusam­men­hän­ge inte­griert betrach­tet. ›Re-Kul­tu­ra­li­sie­rungmeint folg­lich: ›Re-Kon­tex­tua­li­sie­rung.

Was hier zunächst wie eine laten­te Kri­tik an der Posi­ti­on Lin­kes erschei­nen mag, beschreibt eine Per­spek­ti­ve, die sich auch in ande­ren Ent­wür­fen einer kul­tur­ori­en­tier­ten Lin­gu­is­tik zeigt: So ver­weist Mar­tin Wen­ge­ler dar­auf, dass eine Lin­gu­is­tik als Kul­tur­wis­sen­schaft es pri­mär mit Spra­che im sozia­len und his­to­ri­schen Kon­text zu tun habe (vgl. Wen­ge­ler 2006, 2). Ganz ähn­lich beschreibt Heid­run Käm­per das Ver­hält­nis von Spra­che und gesell­schaft­li­chem Kon­text (vgl. Käm­per 2007, 433). Die Gene­se der Kul­tur­lin­gu­is­tik zeigt dabei zwei­er­lei: Einer­seits voll­zieht sie eine deut­li­che Abset­zung von einer a‑historisch sowie a‑sozial kon­zi­pier­ten ›Spra­che‹. Dabei wird der Kul­tur­be­griff pri­mär als Kon­text­be­griff gebraucht. Ande­rer­seits über­rascht es daher aber auch nicht, dass sich kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Kon­zep­te, so ver­stan­den, leicht in die Lin­gu­is­tik inte­grie­ren las­sen. So wird der Ursprung für die Regel­haf­tig­keit des Sprach­ge­brauchs in Fol­ge zwar nicht mehr ›natür­lich‹, son­dern ›kul­tu­rell‹ erklärt – der Fokus der empi­ri­schen For­schung bleibt den­noch gleich. Lin­ke kommt daher auch zu der Aus­sa­ge, dass sich eine kul­tur­his­to­ri­sche Lin­gu­is­tik in ihrem ana­ly­ti­schen Vor­ge­hen nicht neu erfin­den müs­se: Im Zen­trum ihres Erkennt­nis­in­ter­es­ses ste­hen wei­ter­hin sprach­li­che und kom­mu­ni­ka­ti­ve Mus­ter­bil­dun­gen (A. Lin­ke 2018, 347f u. 360). Folg­lich bleibt auch die Kul­tur­lin­gu­is­tik eine pri­mär an den Struk­tu­ren von Spra­che ori­en­tier­te Wis­sen­schaft. Ein­wen­den lie­ße sich, dass es sich hier­bei um einen Kon­tex­tua­lis­mus han­delt, der dar­auf abzielt, sprach­li­che Phä­no­me­ne als Aus­druck einer Kon­text­be­stimmt­heit zu begrei­fen. Wenn der Kon­text ledig­lich als »Reduk­ti­ons­in­stanz« gebraucht, wenn also Fak­ti­sches auf Äußer­li­ches als Erklär­grund zurück­ge­führt wird, so wäre die Erklä­rung zwar eine ande­re, nicht aber das Ergeb­nis (vgl. Kon­ers­mann 2006, 43). Im Kon­text neue­rer pra­xis­theo­re­ti­scher Kon­zep­te zeigt sich hin­ge­gen, dass die Berück­sich­ti­gung kul­tu­rel­ler Hin­ter­grün­de nicht mit einer Reduk­ti­ons­be­we­gung ein­her­geht, son­dern auf eine Kom­ple­xi­täts­stei­ge­rung abzielt (vgl. Hab­scheid 2016, 134). ›Kul­tur‹ kommt immer dann ins Spiel, wenn ein Unter­schied mar­kiert wer­den soll, d.h. wenn es um kul­tur­spe­zi­fi­sche Aus­prä­gun­gen kom­mu­ni­ka­ti­ver Prak­ti­ken geht.

Der wie­der­keh­ren­de Bezug auf die Regel- und Mus­ter­haf­tig­keit des Sprach­ge­brauchs lässt auch dis­zi­pli­nä­re Stra­te­gien zur Aneig­nung neue­rer theo­re­ti­scher Kon­zep­te erkenn­bar wer­den: Zwar ver­än­dern sich die Hin­ter­grund­an­nah­men lin­gu­is­ti­schen For­schens, der Fokus der empi­ri­schen Ana­ly­se wird jedoch bei­be­hal­ten. Beson­ders anschluss­fä­hi­ge Aspek­te wer­den auf die­se Wei­se inte­griert, ande­re Aspek­te hin­ge­gen aus­ge­blen­det. Dies gilt nicht nur bzgl. der Prä­fe­renz für die Regel- und Mus­ter­haf­tig­keit von Sprache/Kommunikation, son­dern auch mit Blick auf die Berück­sich­ti­gung der seman­ti­schen Dimen­si­on von Spra­che. Als Bezugs­punk­te der Kul­tur­lin­gu­is­tik wer­den viel­fach etwa Ernst Cas­si­rers Phi­lo­so­phie der sym­bo­li­schen For­men sowie Clif­ford Geertz’ Kon­zept von Kul­tur als Bedeu­tungs­ge­we­be benannt. Ob und inwie­fern damit eine Erwei­te­rung von oder ein Unter­schied zu tra­di­tio­nell semio­ti­schen Kon­zep­tio­nen etwa von Sauss­u­re oder Peirce mög­lich wird, wird aller­dings kaum wei­ter­ge­hend dis­ku­tiert. Zugleich zeigt sich, wie schwer sich die Lin­gu­is­tik auch als Kul­tur­lin­gu­is­tik noch damit tut, als ver­ste­hen­de Wis­sen­schaft auf­zu­tre­ten. So wird die mit die­ser ver­bun­de­ne Not­wen­dig­keit zur Inter­pre­ta­ti­on teils wei­ter­hin als »heik­ler Punkt« begrif­fen (A. Lin­ke 2011, 40) – auch wenn die metho­disch damit ver­bun­de­nen Her­aus­for­de­run­gen in ande­ren Dis­zi­pli­nen teils seit Jahr­zehn­ten dis­ku­tiert werden.

 

3. Kulturwissenschaftliche Linguistik

Der Bezug auf den cul­tu­ral turn hat, wie die Kul­tur­lin­gu­is­tik zeigt, zur Ein­füh­rung neu­er Per­spek­ti­ven in der Lin­gu­is­tik geführt. Der Wert die­ser Umwen­dung kann kaum über­schätzt wer­den: Sie eröff­net unmit­tel­bar den Blick dafür, wie etwa sprach­li­che Kon­struk­tio­nen aus der kon­kre­ten Inter­ak­ti­on (Mikroebe­ne) oder aus kom­ple­xe­ren gesell­schaft­li­chen Zusam­men­hän­gen (Makro­ebe­ne) erwach­sen. Eine grund­le­gen­de Revi­si­on theo­re­ti­scher Kon­zep­te ist hier­durch jedoch nicht erfolgt. Ange­li­ka Lin­ke stellt daher selbst her­aus, dass die Ori­en­tie­rung an Kul­tur eher »unter der Hand und ohne expli­zi­te The­ma­ti­sie­rung« ver­lau­fe (vgl. A. Lin­ke 2018, 351). Und sie ergänzt: Es gehe dabei »nie um For­schungs­al­ter­na­ti­ven, son­dern um sich ergän­zen­de Per­spek­ti­ven und Erkennt­nis­in­ter­es­sen« (ebd., 352). Offen bleibt: War­um eigent­lich geht es nicht um For­schungs­al­ter­na­ti­ven, hin­sicht­lich derer in Fol­ge auch zu dis­ku­tie­ren wäre, ob und wie sich die Ergeb­nis­se wie­der in einen gemein­sa­men Rah­men ein­fü­gen las­sen? Die Lin­gu­is­tik unter­liegt hier anschei­nend einer Nivel­lie­rungs­ten­denz, wenn neue­re theo­re­ti­sche Unter­schei­dun­gen ten­den­zi­ell eher in bestehen­de Kon­zep­te ein­ge­passt wer­den. Vor die­sem Hin­ter­grund scheint es sinn­voll, das epis­te­mi­sche Feld stär­ker ein­zu­ker­ben und diver­gie­ren­de Tra­di­ti­ons­li­ni­en eben­so wie kon­zep­tu­el­le Unter­schie­de stär­ker kennt­lich zu machen. Eine kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Lin­gu­is­tik geht in die­sem Sinn davon aus, dass ein expli­zi­tes Aus­agie­ren der teils allen­falls latent diver­gie­ren­den Per­spek­ti­ven not­wen­dig ist, um eine ech­te theo­re­ti­sche Per­spek­ti­ven­viel­falt zu ent­wi­ckeln. Was eine kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Lin­gu­is­tik von einer Kul­tur­lin­gu­is­tik abhebt, ist daher, dass sie einem ande­ren Pro­gramm unter­steht. Sie kann nach dem Mus­ter einer her­me­neu­ti­schen Lin­gu­is­tik gebil­det wer­den, wie sie Bernd Ulrich Bie­re dis­ku­tiert hat (vgl. Bie­re 2008).

Der Ver­schie­bung der theo­re­ti­schen Prä­mis­sen lässt sich, in der hier gebo­te­nen Kür­ze, anhand der Kon­zep­te von Spra­che als fait social oder als fait cul­tu­rel ver­deut­li­chen. Tra­di­tio­nell wird die Spra­che schon bei Sauss­u­re als fait social begrif­fen, d.h. Spra­che gilt, im Anschluss an Emil Durk­heim, als sozia­le Tat­sa­che. Die Impli­ka­tio­nen die­ser Bezug­nah­me sind viel­fäl­tig und wur­den viel­fach dis­ku­tiert (vgl. dazu Met­ten 2014, 17ff.). Der Begriff der sozia­len Tat­sa­che kehrt u.a. in der Kul­tur­lin­gu­is­tik wie­der – aller­dings um her­aus­zu­stel­len, dass es sich bei Spra­che um eine in gesell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen kon­stru­ier­te Tat­sa­che han­delt (vgl. dazu etwa A. Lin­ke 2014, 170). Spra­che gilt, so ver­stan­den, als Resul­tat sprach­li­cher Prak­ti­ken. Mit dem Begriff des fait social wird so folg­lich etwas ande­res bezeich­net als noch bei Durk­heim. Denn für Durk­heim, und im Anschluss dar­an auch für Sauss­u­re, war die Spra­che im Sin­ne einer fait social gera­de der gesell­schaft­li­chen Dyna­mik ent­ho­ben. Sie galt als objek­ti­ve Tat­sa­che, die dem indi­vi­du­el­len Spre­chen vor­ge­ord­net ist und die­ses bestimmt. Sozia­le Tat­be­stän­de wur­den dem ent­spre­chend von Arten des sozia­len Daseins abge­grenzt, die »nur gefes­tig­te Arten des Han­delns« sind bzw. Arten, wie wir »gewohn­heits­ge­mäß mit­ein­an­der leben« (Durk­heim 1965, 113).

Wenn Spra­che in der Kul­tur­lin­gu­is­tik daher als sozia­le Kon­struk­ti­on begrif­fen wird, so ist hier­durch eine Abset­zung von einem lin­gu­is­ti­schen Posi­ti­vis­mus inten­diert, wie er sich in der Nach­fol­ge Sauss­u­res her­aus­ge­bil­det hat. Den zen­tra­len theo­re­ti­schen Bezugs­punkt hier­für bil­det der Sozi­al­kon­struk­ti­vis­mus von Peter Ber­ger und Tho­mas Luck­mann (vgl. Berger/Luckmann 2010; vgl. zur wei­te­ren Dis­kus­si­on in der Lin­gu­is­tik aktu­ell u.a. auch Felder/Gardt 2018). Sozia­le Tat­sa­chen wer­den von die­sen nicht als gege­ben dar­ge­stellt, viel­mehr wird dar­ge­legt, wie die­se im wech­sel­sei­ti­gen Han­deln her­vor­ge­bracht wer­den. Die­ser Unter­schied lässt sich durch die Ent­ge­gen­stel­lung von Spra­che als ›sozia­ler Tat­sa­che‹ und Spra­che als ›sozia­ler Kon­struk­ti­on‹ dar­stel­len. Für eine kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Lin­gu­is­tik liegt die ent­schei­den­de Pro­ble­ma­tik jedoch auf einer ande­ren Ebe­ne: Zwar gehen Ber­ger und Luck­mann davon aus, dass gesell­schaft­li­che Objek­ti­va­tio­nen erst im Han­deln einer Gesell­schaft her­vor­ge­bracht wer­den – ist dies gesche­hen, gilt jedoch, dass die­se wie­der­um allen Indi­vi­du­en vor­aus­ge­setzt sind. Wenn daher von der gesell­schaft­li­chen Gene­se sozia­ler Tat­sa­chen aus­ge­gan­gen wird, so erscheint die­se rück­bli­ckend ledig­lich als Vor­ge­schich­te sozia­ler Instan­zen, die – sobald sich die Objek­ti­va­tio­nen ver­fes­tigt haben – die objek­ti­ve Wirk­lich­keit einer Gesell­schaft bil­den. Die Gene­se rückt somit in den Hin­ter­grund, etwa wenn stets schon von einem spe­zi­fi­schen Sprach­sys­tem aus­ge­gan­gen wird. Im Ergeb­nis kommt dies der Kon­zep­ti­on Durk­heims gleich.

Ein­her­ge­hend mit dem Begriff des fait cul­tu­rel lässt sich nun ein ande­res Ver­ständ­nis von Spra­che kon­tu­rie­ren. Kon­ers­mann hat kul­tu­rel­le Tat­sa­chen als Wer­ke bestimmt, die gegen­ständ­li­che Gestalt gefun­den haben (vgl. Kon­ers­mann 2006, 11). Eine kul­tu­rel­le Tat­sa­che ist folg­lich das, was her­ge­stellt ist – wodurch die­se expli­zit von einem posi­ti­vis­tisch gefärb­ten Begriff des fait social abge­ho­ben wer­den (vgl. ebd., 15). Hat­te Durk­heims Beschrei­bung von Spra­che die Aura eines natur­wis­sen­schaft­li­chen Posi­ti­vis­mus ange­nom­men, so nimmt das Kon­zept einer kul­tu­rel­len Tat­sa­che die­se Posi­ti­vie­rung zurück und ver­legt die Spra­che, wie Kon­ers­mann betont, zurück in die Men­schen­welt. Der Begriff der kul­tu­rel­len Tat­sa­che bringt aller­dings noch einen wei­te­ren Aspekt ins Spiel: Kul­tu­rel­le Tat­sa­chen ste­hen in der Span­nung von empi­ri­scher ›Tat­sa­che‹ und kul­tu­rel­ler ›Bedeu­tung‹ (vgl. ebd., 13). Spra­che als kul­tu­rel­le Tat­sa­che zu begrei­fen, bedeu­tet daher, die Kluft zwi­schen Mate­ria­li­tät und Sinn auf­zu­he­ben, d.h. anzu­er­ken­nen, dass Spra­che und Kom­mu­ni­ka­ti­on eben­falls mate­ri­el­le Qua­li­tä­ten auf­wei­sen. Damit wird einer­seits die Ent-Seman­ti­sie­rung empi­ri­scher, d.h. kul­tu­rel­ler Tat­sa­chen auf­ge­ho­ben, ande­rer­seits lässt sich aus­ge­hend davon die in der her­me­neu­ti­schen Tra­di­ti­on gän­gi­ge Ent-Mate­ria­li­sie­rung sinn­haf­ter Gegen­stän­de über­win­den (vgl. dazu auch Gum­brecht 2004). Die Kul­tur­lin­gu­is­tik hat die­se zwei­fa­che Gren­ze bereits in eine Rich­tung über­schrit­ten, indem sie die sozia­len und his­to­ri­schen Momen­te von Spra­che in den Blick gerückt und sich hier­bei (impli­zit) als her­me­neu­ti­sche Lin­gu­is­tik posi­tio­niert hat. Die neue­re Ent­wick­lung der Kul­tur­wis­sen­schaf­ten, wie sie sich seit den 1960er Jah­ren voll­zo­gen hat, setzt genau genom­men jedoch mit einem ande­ren Moment ein – und zwar mit der von Fried­rich Kitt­ler einst so bezeich­ne­ten »Aus­trei­bung des Geis­tes aus den Geis­tes­wis­sen­schaf­ten« (Kitt­ler 1980).

Die durch Kitt­ler avi­sier­te Wen­de haben K. Lud­wig Pfeif­fer und Hans Ulrich Gum­brecht eini­ge Jah­re spä­ter in Mate­ria­li­tät der Kom­mu­ni­ka­ti­on (1988) wie­der auf­ge­grif­fen. Durch die Berück­sich­ti­gung der Mate­ria­li­tät wird ein Über­schrei­ten (wahl­wei­se auch ein Unter­lau­fen) des her­me­neu­ti­schen Hori­zon­tes inten­diert. Hier­durch kom­men theo­re­ti­sche Per­spek­ti­ven ins Spiel, die in den ver­gan­ge­nen zwei Jahr­zehn­ten ins­be­son­de­re in Ver­bin­dung mit Begrif­fen wie ›Mate­ria­li­tät‹, ›Per­for­manz‹, ›Ereig­nis‹ oder ›Prä­senz‹ dis­ku­tiert wur­den und die u.a. die Opti­on hin auf eine Pos­t­her­me­neu­tik eröff­net haben (vgl. Mersch 2010). Die hier skiz­zier­ten Unter­schei­dun­gen schei­nen im Zuge der lin­gu­is­ti­schen Aneig­nung des cul­tu­ral turn bis­her jedoch nicht auf­ge­nom­men zu wer­den, wenn die­se pri­mär dar­auf zielt, sozia­le, his­to­ri­sche und auch her­me­neu­ti­sche Aspek­te wie­der in den lin­gu­is­ti­schen Main­stream zu inte­grie­ren (über­spitzt for­mu­liert: die Lin­gu­is­tik inte­griert somit Aspek­te, gegen­über denen andern­orts ten­den­zi­ell eher eine kri­ti­sche Distan­zie­rung erfolgt). Offen ist daher, ob ange­sichts des­sen bereits von einer kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Lin­gu­is­tik im enge­ren Sinn gespro­chen wer­den kann, wenn durch den Bezug auf das Kul­tur-Para­dig­ma pri­mär Aspek­te inte­griert wer­den, die in den tra­di­tio­nel­len Geis­tes­wis­sen­schaf­ten stets schon prä­sent waren.

Vor die­sem Hin­ter­grund sol­len drei wei­te­re Punk­te benannt wer­den, die für eine kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Lin­gu­is­tik rele­vant sind:

1. Der Bezug auf die ›Mate­ria­li­tät der Kom­mu­ni­ka­ti­on‹ eröff­net einen neu­en Blick auf Spra­che. Ralf Kon­ers­mann hat deut­lich gemacht, dass kul­tu­rel­le Tat­sa­chen nach dem Mus­ter ästhe­ti­scher Phä­no­me­ne erschlos­sen wer­den kön­nen. Was dies für die Ana­ly­se z.B. von Tex­ten bedeu­tet, habe ich selbst ver­sucht her­aus­zu­ar­bei­ten (vgl. Met­ten 2016b): Tex­te las­sen sich nicht nur struk­tu­rell, d.h. hin­sicht­lich Text­gram­ma­tik oder The­men­struk­tur, erfas­sen, sie sind nicht nur Gegen­stand der Inter­pre­ta­ti­on, son­dern auch wahr­nehm­ba­re Arte­fak­te. Die Arte­fakt­haf­tig­keit eines Tex­tes, d.h. des­sen Mate­ria­li­tät und Wahr­nehm­bar­keit, bil­det letzt­lich auch die Vor­aus­set­zung zur Erfas­sung struk­tu­rel­ler eben­so wie seman­ti­scher Aspek­te. Die ent­schei­den­den Fra­gen sind damit jedoch noch nicht berührt – denn wenn die Mate­ria­li­tät der Kom­mu­ni­ka­ti­on nicht mehr als sekun­där betrach­tet wird, so resul­tiert hier­aus in letz­ter Kon­se­quenz eine ande­re Kon­zep­ti­on von Kommunikation.

Wor­in der Unter­schied besteht, lässt sich mit Bezug auf das für die Zei­chen­theo­rie grund­le­gen­de ›Prin­zip der abs­trak­ti­ven Rele­vanz‹ erläu­tern (vgl. Büh­ler 1999, 42ff.): Das von Karl Büh­ler anhand der Laut­leh­re ent­wi­ckel­te Prin­zip mar­kiert eine Schlüs­sel­stel­le semio­ti­scher Theo­rien, da hier­durch der Über­gang vom Laut zum Laut­bild, d.h. vom laut­li­chen Ereig­nis zu einem Zei­chen kon­zep­tua­li­siert wird. Ent­schei­dend dafür ist, dass in der Äuße­rungs­wahr­neh­mung rele­van­te von irrele­van­ten Aspek­ten unter­schie­den wer­den müs­sen. Büh­ler geht dazu nicht davon aus, dass ein laut­li­ches Ereig­nis in der »gan­zen Fül­le sei­ner kon­kre­ten Eigen­schaf­ten« (ebd., 44) wahr­ge­nom­men wird, viel­mehr setzt er von Beginn an vor­aus, dass das Prin­zip der abs­trak­ti­ven Rele­vanz bei allen Mit­glie­dern einer Sprach­ge­mein­schaft bekannt ist. Irrele­van­te Abwei­chun­gen (anders gesagt: ästhe­ti­sche Über­schüs­se) kön­nen basie­rend dar­auf sys­te­ma­tisch abge­blen­det wer­den, was dazu führt, dass Zei­chen stets wie­der­erkannt, d.h. iden­ti­fi­ziert wer­den kön­nen. Das Prin­zip der abs­trak­ti­ven Rele­vanz begrün­det somit die Iden­ti­tät sprach­li­cher Phä­no­me­ne, d.h. auch: deren Bedeu­tungs­iden­ti­tät. Die Bedeu­tung eines Aus­drucks kann daher von ande­ren stets, wie inten­diert, ver­stan­den wer­den, inso­fern ein Zei­chen als die­ses oder jenes iden­ti­fi­ziert wer­den kann. Dies bedeu­tet aller­dings auch, dass die Stimm­lich­keit der Stim­me für das Bedeu­ten selbst sekun­där ist, viel­mehr wird eine ver­ba­le Äuße­rung stets schon als spe­zi­fi­sches Klang-bild ver­stan­den. In genau die­sem Sinn kann Büh­ler als Ver­tre­ter einer a‑medialen Posi­ti­on gel­ten: Nuan­cie­run­gen im Aus­druck wer­den sys­te­ma­tisch (als bloß idio­syn­kra­tisch) aus­ge­blen­det, wor­aus letzt­lich eine instru­men­ta­lis­ti­sche Kon­zep­ti­on von Spra­che resultiert.

Wird dem ent­ge­gen die ästhe­ti­sche Dimen­si­on einer Äuße­rung, d.h. deren sinn­li­che Fül­le inte­griert, hat dies weit­rei­chen­de Fol­gen: Auf­grund der stets indi­vi­du­el­len Rea­li­sie­rung einer Äuße­rung kann die Iden­ti­tät eines Zei­chens in der Ver­stän­di­gung nicht mehr not­wen­dig gewahrt wer­den. In Fol­ge kann nicht mehr von einer iden­ti­täts­theo­re­ti­schen Kon­zep­ti­on aus­ge­gan­gen wer­den, viel­mehr kippt die­se in eine dif­fe­renz­theo­re­ti­sche Kon­zep­ti­on um. Als dif­fe­renz­theo­re­tisch gilt die­se in zwei­er­lei Hin­sicht: Einer­seits gilt jede Unter­schei­dung, die in einem ana­lo­gen Medi­um (etwa im Spre­chen) wirk­sam wird, als sinn­kon­sti­tu­tiv – es ist offen­sicht­lich, dass eine sol­che Kon­zep­ti­on mit der Vor­stel­lung eines Zei­chen­sys­tems bricht, das als in sich geschlos­se­nes Regis­ter defi­ni­ter Dif­fe­ren­zen gedacht wird. Sinn­bil­dungs­pro­zes­se, die von der Mate­ria­li­tät der Kom­mu­ni­ka­ti­on aus­ge­hen, kön­nen daher als offen und kom­plex gel­ten. Ande­rer­seits wird damit die Illu­si­on der Unmit­tel­bar­keit auf­ge­ho­ben, die die Vor­stel­lun­gen der Face-to-face-Kom­mu­ni­ka­ti­on lan­ge Zeit bestimmt hat. Eine ein­fa­che Bedeu­tungs­über­tra­gung, ande­res gesagt: ein iden­ti­tä­res Äuße­rungs­ver­ste­hen ist nicht mög­lich. Die Mate­ria­li­tät der Kom­mu­ni­ka­ti­on bil­det viel­mehr eine Gelenk­stel­le, die Bedin­gung der Mög­lich­keit eben­so wie der Unmög­lich­keit von Ver­stän­di­gung ist. Basie­rend dar­auf kann Spra­che nicht mehr instru­men­ta­lis­tisch als Mit­tel, son­dern muss als Medi­um der Ver­stän­di­gung begrif­fen wer­den. Genau hier wird die enge Ver­bin­dung der kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Dis­kus­si­on mit der neue­ren Ent­wick­lung der Medi­en­theo­rie deut­lich. Der Bezug auf sol­che Ansät­ze zeigt: Tra­di­tio­nell semio­ti­sche Kon­zep­tio­nen haben kein Begriffs­re­per­toire zur Ana­ly­se der ästhe­ti­schen Dimen­si­on von Medi­en ent­wi­ckelt. Auch neue­re, mul­ti­mo­da­le Ansät­ze (etwa im Kon­text einer Sozia­len Semio­tik) setz­ten auf einer höhe­ren Ebe­ne an, da sie stets schon von der Zei­chen­haf­tig­keit, d.h. von der Sinn­haf­tig­keit und Sys­te­ma­ti­zi­tät der Phä­no­me­ne aus­ge­hen. Dass Sinn­bil­dungs­pro­zes­sen ein Ästhe­ti­sches oder Nicht­sinn­haf­tes vor­aus­geht, dass es sich dabei um sin­gu­lä­re Phä­no­me­ne han­deln kann, ent­zieht sich sol­chen Ansätzen.

2. Die Beschrei­bung des kom­mu­ni­ka­ti­ven Gesche­hens ist in der Lin­gu­is­tik tra­di­tio­nell im Kon­text der Prag­ma­tik, d.h. auf Basis hand­lungs­theo­re­ti­scher Kon­zep­te erfolgt. Ein­her­ge­hend mit dem Begriff der ›Prak­ti­ken‹ wird dar­über hin­aus seit eini­ger Zeit die Ver­wo­ben­heit des Han­delns mit situa­tio­na­len sowie sozio­kul­tu­rel­len Aspek­ten auf­ge­wie­sen. Zwi­schen­zeit­lich war es jedoch der Begriff der ›Per­for­manz‹, durch den im Han­deln selbst Momen­te aus­ge­wie­sen wur­den, die des­sen Inten­tio­na­li­tät und teleo­lo­gi­sche Gerich­tet­heit unter­lau­fen. Hier deu­tet sich an, dass der Begriff der Prak­ti­ken die mit dem Per­for­manz­be­griff ver­bun­de­nen Aspek­te nicht abzu­de­cken ver­mag. Eine Anein­an­der­rei­hung der Kon­zep­te, die eine his­to­ri­sche Ent­wick­lungs­lo­gik sug­ge­riert, ist folg­lich eben­so unan­ge­mes­sen wie das unter­schieds­lo­se Inein­an­der-auf­ge­hen-Las­sen in einer all­ge­mei­nen Prag­ma­tik. Alle drei Kon­zep­te eröff­nen für sich spe­zi­fi­sche Optio­nen zur Ana­ly­se und Beschrei­bung des kom­mu­ni­ka­ti­ven Gesche­hens: Wäh­rend hand­lungs­theo­re­ti­sche Model­lie­run­gen mehr oder weni­ger dün­ne Beschrei­bun­gen (›Zieh­har­mo­ni­ka­ef­fekt‹) lie­fern, gewin­nen pra­xis­ori­en­tier­te Dar­stel­lun­gen – im Sin­ne einer »dich­ten Beschrei­bung« (Geertz 1987) – eine spe­zi­fi­sche thic­k­ness, wenn kom­ple­xe sozio­kul­tu­rel­le Hin­ter­grün­de inte­griert werden.

Dar­über hin­aus wird das Kon­zept der ›Per­for­manz‹ wie folgt rele­vant: Der Begriff der Per­for­manz betont, so Die­ter Mersch, das Moment der »Rea­li­sa­ti­on, das Fak­tum, dass eine Hand­lung instan­ti­iert wer­den muss, dass sie als Akt in eine Welt ein­greift […], dass Hand­lun­gen nicht nur eine Bezie­hung nach Innen, zu der Rationalität ihrer Grün­de, Moti­ve oder Absich­ten auf­wei­sen, son­dern glei­cher­ma­ßen eine Außen­sei­te besit­zen: die Sei­te ihrer Wir­kung oder Präsenz« (Mersch 2003, 70f.; Herv. i.O.). Der von Mersch hier ver­wen­de­te Begriff der Wir­kung unter­schei­det sich signi­fi­kant von dem, was John L. Aus­tin als Wir­kung mit der Per­lo­ku­ti­on ver­bun­den hat (vgl. Aus­tin 1979). Han­delt es sich bei der Per­lo­ku­ti­on um das durch die von Aus­tin for­mu­lier­ten Gelin­gens­be­din­gun­gen abge­si­cher­te Gegen­stück zur Illo­ku­ti­on, sprich: um die kom­mu­ni­ka­ti­ve Ein­lö­sung der jeweils spe­zi­fi­schen Zweck­be­stim­mung sprach­li­cher Hand­lun­gen, wird die Wir­kung bei Mersch nicht an ein inner­li­ches Moment, son­dern an die Äußer­lich­keit einer Äuße­rung gebun­den. Sybil­le Krä­mer hat dies­be­züg­lich ein uni­ver­sa­li­sie­ren­des Per­for­ma­ti­vi­täts­ver­ständ­nis (Aus­tin) von einem kor­po­ra­li­sie­ren­den Per­for­ma­ti­vi­täts­ver­ständ­nis (Mersch) unter­schie­den (vgl. Krä­mer 2004). Der Bezug zu einer Vor­stel­lung von Spra­che, die die­se als kul­tu­rel­le Tat­sa­che begreift, wird unmit­tel­bar ersicht­lich: Die Fak­ti­zi­tät des Gesche­hens selbst wird in den Vor­der­grund gerückt. Damit ein­her­ge­hend wer­den Aspek­te der Mate­ria­li­tät, der Prä­senz, des Ereig­nens, der Wahr­nehm­bar­keit etc. her­aus­ge­stellt, die weder zum Begriffs­re­per­toire hand­lungs­theo­re­ti­scher, noch zum Begriffs­re­per­toire pra­xis­theo­re­ti­scher Kon­zep­tio­nen gehö­ren. Zugleich wird hier­durch ein Pfad eröff­net hin zu Kon­zep­ten nicht-per­so­na­ler Agen­ti­vi­tät sowie zu Kon­zep­ten des ver­teil­ten Handelns.

3. Ein wei­te­rer Aspekt geht mit dem Begriff der ›Respon­si­vi­tät‹ ein­her: Bis­her ist die­ser nahe­zu nicht in die Lin­gu­is­tik inte­griert. Der Ansatz­punkt zur Inte­gra­ti­on liegt in einer dif­fe­renz­theo­re­ti­schen Kon­zep­ti­on, die von einer Nach­träg­lich­keit allen Spre­chens im Sin­ne eines Ant­wor­tens auf ein Vor­aus­ge­hen­des aus­geht. Eine sol­che Kon­zep­ti­on geht von der zuvor bereits beschrie­be­nen Dif­fe­renz zwi­schen Sub­jek­ten aus, die mit­ein­an­der inter­agie­ren. Anders gesagt: Das Gesche­hen der Ver­stän­di­gung gilt, im Sin­ne einer dif­fe­renz­theo­re­ti­schen Kon­zep­ti­on, als gebro­chen. Da ein iden­ti­sches Ver­ste­hen des inten­dier­ten Sinns nicht mög­lich ist, kann nicht davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass der/die Ande­re stets schon ver­stan­den hat, was ihm/ihr zu ver­ste­hen gege­ben wur­de. Nach Wal­den­fels erfasst das Kon­zept der ›Respon­si­vi­tät‹ daher ein Moment, in dem wir über eige­ne Zie­le und gemein­sa­me Nor­men hin­aus­ge­hen, um auf tat­säch­lich frem­de Ansprü­che zu ant­wor­ten. Ein sol­ches Ant­wor­ten ist folg­lich »mehr als ein sinn­ge­rich­te­tes oder regel­ge­lei­te­tes Ver­hal­ten« (Wal­den­fels 2010, 61). Viel­mehr wer­de, so Wal­den­fels, dadurch ein Aspekt erfasst, der ins­be­son­de­re in nor­ma­tiv aus­ge­rich­te­ten Sprach- und Hand­lungs­theo­rien zu kurz kommt. Die idea­lis­ti­sche Ten­denz bestimm­ter her­me­neu­ti­scher Kon­zep­tio­nen zur Über­win­dung einer – letzt­lich bloß schwa­chen – her­me­neu­ti­schen Dif­fe­renz wird dadurch auch kri­tisch überschritten.

Anhand die­ser weni­gen Über­le­gun­gen zeigt sich: Ver­stän­di­gung ist, im Rah­men einer dif­fe­renz­theo­re­ti­schen Kon­zep­ti­on, nicht mehr in einem über­grei­fen­den Sinn­ho­ri­zont auf­ge­ho­ben, viel­mehr voll­zieht sich die­se in der Offen­heit und Dyna­mik des wech­sel­sei­ti­gen Nicht-/Ver­ste­hens. Die­se Ein­sicht lässt sich auf die ein­fa­che For­mel brin­gen: Ver­stän­di­gung voll­zieht sich in der Dif­fe­renz. Ein kul­tur­wis­sen­schaft­li­ches Modell des kom­mu­ni­ka­ti­ven Gesche­hens geht daher auch davon aus, dass Kom­mu­ni­ka­ti­on nicht unter den Vor­aus­set­zun­gen eines com­mon ground, eines gemein­sa­men Erwar­tungs­ho­ri­zonts oder von für alle gemein­sam gel­ten­den Gelin­gens­be­din­gun­gen erfolgt, son­dern auf Basis nicht-gemein­sa­mer Vor­aus­set­zun­gen. Kom­mu­ni­ka­ti­on erfolgt viel­mehr in Gesell­schaf­ten, die plu­ral und hete­ro­gen sind und in denen gemeinsame/geteilte Vor­aus­set­zun­gen eher die Aus­nah­me als die Regel sind. Spra­che wird daher auch nicht als Meta­me­di­um der Ver­ge­mein­schaf­tung begrif­fen, wie dies etwa bei Berger/Luckmann der Fall ist. Viel­mehr zeich­net sich hier die Vor­stel­lung eines neu­en Gemein­sa­men ohne Iden­ti­tät ab (vgl. Hark et al. 2015).

Aus­ge­hend von der Ver­schie­bung eines Ver­ständ­nis­ses von Spra­che als fait social hin zu einem Ver­ständ­nis als fait cul­tu­rel bün­deln die vor­her­ge­hen­den Über­le­gun­gen letzt­lich jedoch ledig­lich eini­ge weni­ge Aspek­te, die hier aus der Inte­gra­ti­on der Mate­ria­li­tät der Kom­mu­ni­ka­ti­on in die Kon­zep­ti­on einer kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Lin­gu­is­tik her­vor­ge­gan­gen sind. Es ver­steht sich, dass kei­ne die­se Über­le­gun­gen als umfäng­lich oder gar abschlie­ßend zu betrach­ten ist – bes­ten­falls han­delt es sich um Fin­ger­zei­ge, die eine spe­zi­fi­sche Rich­tung vorzeichnen.

 

4. Kulturwissenschaftliches Forschen

Die vor­her­ge­hen­den Abschnit­te zei­gen: Wenn inner­halb der Lin­gu­is­tik von einer kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Wen­de gespro­chen wird, dann geht es um mehr als nur um die Inte­gra­ti­on neu­er theo­re­ti­scher Kon­zep­te, viel­mehr geht es um die Über­win­dung des Gra­bens, der die Lin­gu­is­tik lan­ge Zeit von den wei­te­ren Geis­tes- und Kul­tur­wis­sen­schaf­ten getrennt hat. Ande­rer­seits, das hat sich eben­falls gezeigt, geht es zugleich um weni­ger als im Kon­text gegen­wär­ti­ger kul­tur­wis­sen­schaft­li­cher Debat­ten teils vor­ge­zeich­net ist, denn in der Über­win­dung jener brei­ten Kluft wer­den klei­ne­re Unter­schei­dun­gen, wie sie etwa in der Abset­zung pos­t­her­me­neu­ti­scher von her­me­neu­ti­schen Ansät­zen erkenn­bar wer­den, ten­den­zi­ell eher über­gan­gen. Den­noch stellt sich durch den cul­tu­ral turn auch in der Lin­gu­is­tik all­mäh­lich eine stär­ke­re Dezen­trie­rung von Theo­rien und Ansät­zen ein. Der Bezug auf die Kul­tu­ra­li­tät der Spra­che führt etwa dazu, dass Spra­che und Kom­mu­ni­ka­ti­on nicht mehr pri­mär kon­ven­tio­nal und inten­tio­nal, son­dern stär­ker auch situa­tiv und sozi­al, d.h. aus kon­kre­ten Situa­tio­nen der Kom­mu­ni­ka­ti­on her­aus eben­so wie mit Bezug auf gesell­schaft­li­che und his­to­ri­sche Rah­men­be­din­gun­gen betrach­tet wer­den. Seit eini­ger Zeit wer­den dar­über hin­aus, ins­be­son­de­re durch die Arbei­ten von Micha­el Toma­sel­lo, evo­lu­ti­ons­bio­lo­gi­sche Ansät­ze ein­be­zo­gen. Im Zuge der kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Wen­de zeich­net sich inner­halb der Lin­gu­is­tik daher eine deut­li­che Plu­ra­li­sie­rung theo­re­ti­scher und metho­di­scher Per­spek­ti­ven ab, mit der ein­her­ge­hend Ansät­ze stär­ker dif­fe­ren­ziert sowie neu in Bezie­hung gesetzt wer­den kön­nen (vgl. hier­zu Thies 2016, 42).

Dass eine kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Lin­gu­is­tik auf Basis einer dif­fe­renz­theo­re­ti­schen Kon­zep­ti­on auch die ästhe­ti­sche Sei­te von Spra­che und Kom­mu­ni­ka­ti­on sowie, in enger Ver­bin­dung damit, Phä­no­me­ne der Hete­ro­ge­ni­tät sowie der kul­tu­rel­len Fremd­heit eher in den Blick zu neh­men ver­mag, habe ich zuvor ver­sucht dar­zu­stel­len. Dabei wird rele­vant, dass nicht mehr nur das Mus­ter- und Regel­haf­te im Zen­trum der Auf­merk­sam­keit steht, son­dern zuneh­mend auch – etwa unter dem von Andre­as Reck­witz aus­ge­ge­be­nen Vor­zei­chen einer Kul­tu­ra­li­sie­rung der Gesell­schaft – das ›Beson­de­re‹, ›Inkom­men­sura­ble‹ und ›Sin­gu­lä­re‹. Kul­tu­rel­le Phä­no­me­ne als sin­gu­lär zu betrach­ten, d.h. die­se nicht auf das an ihnen Gemein­sa­me hin zu redu­zie­ren, ist aller­dings kei­ne ganz neue Per­spek­ti­ve. So hat schon Hein­rich Rickert im Über­gang zum 20. Jahr­hun­dert dar­ge­stellt, dass sich die Kul­tur­wis­sen­schaf­ten – in Abset­zung von einer ver­all­ge­mei­nern­den Sicht­wei­se, wie sie in den Natur­wis­sen­schaf­ten vor­herr­sche – ins­be­son­de­re durch eine indi­vi­du­ie­ren­de Per­spek­ti­ve auf ihre Gegen­stän­de aus­zeich­nen (vgl. Rickert 1986).

Genau dar­in liegt ein spe­zi­fi­sches Poten­zi­al kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen For­schens: Eine sol­che Per­spek­ti­ve eröff­net die Mög­lich­keit, For­schungs­vor­ha­ben stär­ker an kon­kre­ten his­to­ri­schen Situa­tio­nen zu ori­en­tie­ren oder die­se in spe­zi­fi­schen loka­len Kon­tex­ten zu ver­or­ten. Bach­mann-Medick hat etwa her­aus­ge­stellt, dass die For­de­run­gen nach einem rea­ching out der kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen For­schung in gesell­schaft­li­che Pro­blem­la­gen bis in die Gegen­wart fast unge­hört ver­hallt sei (vgl. Bach­mann-Medick 2017, 105). Dem ent­ge­gen müs­se die Kul­tur­wis­sen­schaft ihren Bezug auf gesell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen wie Glo­ba­li­sie­rung, Kli­ma­wan­del, Migra­ti­on etc. drin­gend stär­ken. Der Hin­weis auf eine feh­len­de gesell­schaft­lich-poli­ti­sche Öff­nung mag in die­sem Fall eher für die lite­ra­tur­wis­sen­schaft­li­che, weni­ger für die sprach­wis­sen­schaft­li­che Tra­di­ti­ons­li­nie gel­ten, denn genau in die­sem Punkt kann eine kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Lin­gu­is­tik unmit­tel­bar an Kon­zep­te der Ange­wand­ten Lin­gu­is­tik anschlie­ßen – den­noch eröff­net die Ver­or­tung in kon­kre­ten his­to­ri­schen wie auch situa­ti­ven Kon­tex­ten unmit­tel­bar das Poten­zi­al, sich hier­durch stär­ker auf aktu­el­le gesell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen ein­las­sen zu können.

Offen ist dabei, was als rele­van­te gesell­schaft­li­che Her­aus­for­de­rung gel­ten kann. Bru­no Latour hat dazu mat­ters of fact von mat­ters of con­cern unter­schie­den, d.h. von Din­gen, die für uns von Belang sind (vgl. Latour 2007, 21). Dass eine stär­ke­re Gesell­schafts­ori­en­tie­rung jedoch nicht nur mit Bezug auf neue­re Kon­zep­te mög­lich wird, zeigt der deut­lich älte­re Begriff der ›Kul­tur­be­deu­tung‹. Schon Rickert stellt her­aus, dass die Kul­tur­be­deu­tung eines Objek­tes mit dem wach­se, was das Objekt von ande­ren Objek­ten unter­schei­de, wenn wir das Beson­de­re und Indi­vi­du­el­le an ihm betrach­ten (vgl. Rickert 1986, 104). Wolf-Andre­as Lie­bert hat den Begriff der Kul­tur­be­deu­tung – auch im Anschluss an Max Weber – wie­der auf­ge­nom­men und her­aus­ge­stellt, dass die­ser für die Aus­wahl von Unter­su­chungs­ge­gen­stän­den in zwei­er­lei Hin­sicht ent­schei­dend ist: Einer­seits wird das aus­ge­wähl­te Phä­no­men hier­durch als für die Befor­schung bedeut­sam bestimmt, ande­rer­seits ver­set­ze die begrün­de­te Aus­wahl den For­schen­den in die Lage, als gleich­ran­gi­ger Dia­log­part­ner in For­schungs­ko­ope­ra­tio­nen ein­zu­ge­hen. Die Kul­tur­be­deu­tung eines zu erfor­schen­den Phä­no­mens spei­se sich dabei nicht nur aus dem »Fach­dis­kurs«, son­dern glei­cher­ma­ßen aus dem »gesell­schaft­li­chen Dis­kurs« sowie aus »per­sön­li­chen Rele­vanz­en« (vgl. Lie­bert 2016, 24). Dem ent­spre­chend hält er fest: »Aus dem kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Arbeits­pro­zess sind gesell­schaft­li­che Debat­ten und Rele­vanz­set­zun­gen also nicht mehr weg­zu­den­ken, sie stel­len einen wich­ti­gen und kon­flikt­rei­chen Fak­tor dar« (ebd., 25). In genau die­sem Sinn über­schrei­tet eine kul­tur­wis­sen­schaft­li­che For­schung auch die Gren­zen der tra­di­tio­nel­len Lin­gu­is­tik – und in genau die­sem Sinn hat Andre­as Lie­bert sei­ne For­schungs­in­ter­es­sen wie­der­holt mit gesell­schaft­lich rele­van­ten The­men ver­knüpft: Dies gilt etwa für sei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Dis­kurs um das Ozon­loch (vgl. Lie­bert 2002) oder mit der Debat­te um Luft­schad­stof­fe (vgl. Lie­bert 2004) sowie – in jüngs­ter Zeit – für sei­ne Unter­su­chun­gen zum extre­mis­ti­schen Spre­chen und Den­ken (vgl. Lie­bert 2019).

 

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