›der herr ingenIEUR hi isch was BESSeres.‹
Formen und Funktionen nominaler Bezugnahmen auf das Gegenüber
Susanne Günthner
1. Einleitung
Eines der wesentlichen Merkmale zwischenmenschlicher Kommunikation ist die Konstruktion sozialer Beziehungen. Hierbei kommt der Referenz auf (an- und abwesende) Personen eine zentrale Rolle zu. Zugleich erweisen sich die Praktiken, wie auf Personen referiert wird, wiederum als eng verwoben mit kulturellen Konzepten und Konventionen menschlicher Beziehungen und sozialer Zugehörigkeiten (vgl. Stivers/Enfield/Levinson 2007, 19; Linke/Schröter 2017; Günthner i. Dr.).
Personenreferenzen verstehe ich als kommunikative Praktiken,1 mit denen soziale Wirklichkeiten – insbesondere soziale Beziehungsformationen der Interagierenden – konstruiert, bestätigt bzw. transformiert werden können (vgl. Günthner i. Dr.). Obgleich die Referenz auf Personen sowohl für onomastische als auch soziolinguistische, interaktionale, sozial- und kulturwissenschaftliche Analysen von Beziehungsarbeit und Identitätsherstellung von zentraler Bedeutung ist, existieren bislang nur wenige Studien, die sich diesem an der Grenze verschiedenster Disziplinen angesiedelten Forschungsbereich anhand authentischer Interaktionen zuwenden.2
Der vorliegende Beitrag widmet sich der Bezugnahme auf die/den KommunikationspartnerIn und damit einer der gängigsten Formen der Personenreferenz in der Alltagskommunikation: der Referenz auf das Gegenüber. Mit jeder Anrede- bzw. Referenzform auf die/den GesprächspartnerIn treffen SprecherInnen eine bestimmte Wahl (z.B. »Herr Prof. Dr. Liebert«, »Andreas«, »Kollege Liebert«, »Papa«, »Bruderherz«, »Sohnemann«, »Schatz«, »du«, »Sie« etc.), die nicht nur die/den KommunikationspartnerIn perspektiviert, sondern mit der der/die SprecherIn zugleich seine/ihre Beziehung zum Gegenüber indiziert.3
Im Folgenden sollen nicht etwa die gebräuchlichen pronominalen Adressierungsformen »du« bzw. »Sie« untersucht werden, sondern ich werde mich – wie die folgenden Eingangsbeispiele skizzieren – auf markierte Abweichungen von diesen default-Referenzformen konzentrieren.
Das erste Beispiel entstammt einem informellen Gespräch zwischen Wolf, Elli und ihrem Neffen Kurt. Kurt studiert Ingenieurwissenschaften in einer norddeutschen Großstadt und ist für einige Tage zu Besuch in seiner schwäbischen Heimat. Nachdem Kurt das von Wolf verwendete, im Schwäbischen gebräuchliche Verbargument »MIR o:grufe« zu Standarddeutsch »MICH.« korrigiert (Z. 25), referiert Wolf in seiner frotzelnden Äußerung lateral in der 3. Person (»der herr ingenIEUR«; Z. 27) auf seinen Neffen:4
Im zweiten Beispiel (einer WhatsApp-Mitteilung) nimmt Lars ebenfalls in der 3. Person auf seine Kommunikationspartnerin (»die kleine Schwester«) Bezug:
Auf der Basis authentischer Daten, die sowohl gesprochener als auch geschriebener (WhatsApp-)Interaktionen entstammen,5 werde ich argumentieren, dass Adressatenreferenzen in der 3. Person als »social index« (Silverstein 1976, 37) zur prozessbezogenen Figuration (vgl. Elias 1987) sozialer Beziehungen eingesetzt werden.
2. Personenreferenzen: default-Formen und markierte Abweichungen
Die Arbeiten von Sacks/Schegloff (1979) verdeutlichen (anhand englischsprachiger Daten), dass sich die Referenz auf Personen durch zwei Präferenzprinzipien auszeichnet:
- »Preference for using a form (›a recognitional‹) under which the referent can be recognized by the recipient« und
- »Preference for using a minimal form« (»minimization«).
Schegloff (2006, 85) betont ferner, dass die Präferenz für Minimierung und damit das »referring simpliciter«, das nichts anderes tut, als »simply referring to the person it identifies«, die unmarkierte Personenreferenz darstellt: »I/you are the central forms for referring to speaker and recipient, and fuller noun phrases, if used, are substitutes for them, and not the other way round« (Schegloff 1996, 442, Herv. i.O.).
Anhand von Datenausschnitten aus gesprochenen wie auch internetbasierten, schriftlichen Interaktionen werde ich zeigen, dass Interagierende immer wieder »alternative Formen«6 einsetzen, die von der konstatierten Präferenz der Minimierung durch die deiktischen Pro-Formen »du« bzw. »Sie« abweichen. Solche markierten Formen (wie »der herr ingenIEUR« oder »die kleine Schwester«) gehen insofern über die proklamierte Tendenz zur »Minimierung« (durch »du« bzw. »Sie«) hinaus, als sie zusätzliche soziale Informationen (bzgl. Geschlecht, Alter, Verwandtschaftsbeziehung etc.), Positionierungen bzw. Einstellungen (Interaktionsmodalitäten, affektive Bewertungen bzw. kosende, kritische, scherzhafte stances7 etc.) kontextualisieren.8
Auf der Grundlage der vorliegenden Daten sollen folgende Fragen diskutiert werden:
- Welche Funktionen haben diese markierten Referenzformen? Bzw. weshalb kehren Interagierende in bestimmten Kontexten von der default-Variante des ›referring simpliciter‹ (durch deiktische Pronomen) ab, um markierte Bezugnahmen auf das Gegenüber einzusetzen?
- In welcher Relation stehen diese aufwändigen Referenzformen zu den kommunikativen Handlungen, in denen sie auftreten?
3. Formen und Funktionen nominaler Referenzen auf das Gegenüber
Wie bereits die Eingangsausschnitte illustrierten, weichen SprecherInnen/SchreiberInnen in Alltagsinteraktionen immer wieder vom ›referring simpliciter‹ und damit von der unmarkierten Referenz auf ihr Gegenüber ab. Im Folgenden sollen Verwendungsweisen nominaler Referenzen auf die/den KommunikationspartnerIn vorgestellt werden, wobei die Datenausschnitte weder einen Anspruch auf Repräsentativität noch auf Vollständigkeit erheben.
3.1 Referenz auf das Gegenüber in der Verwandtschaftsrolle
Bereits der WhatsApp-Ausschnitt »KLEINE SCHWESTER« zeigte, dass Interagierende gelegentlich mit dem Familienrollennamen (wie »die kleine Schwester«, »Papi«, »Oma«, »Schwesterlein«, »mein Sohnemann«, »Töchterchen«, »meine geliebte Kusine«) auf ihre/n AdressatIn referieren.
In der folgenden WhatsApp-Nachricht erinnert die Mutter, die auf sich selbst mit dem hypokoristisch modalisierten Familienrollennamen »Mamalein« verweist,9 ihren Sohn an den Geburtstag seines Vaters:
Statt den Sohn mit »dich« zu adressieren und ihn damit im deiktischen Verweisraum des Hier-und-Jetzt zu verankern, führt die Mutter einen (bereits durch ihre mit »Mamalein« initiierte Selbstreferenz) ›footing‹-Wechsel (vgl. Goffman 1979) durch, der sowohl die Sprecherin (»Mamalein«) als auch den Adressaten (»ihr Söhnchen«) aus einer Außenperspektive re-figuriert. D.h. die Schreiberin indiziert mit ihrer markierten Selbst- wie auch mit der Fremdreferenz einen Wechsel in der Partizipantenformation (vgl. Goffman 1974/82), der – im Unterschied zu den personendeiktischen Pronomen »ich« und »dich« – bestimmte Identitätszuschreibungen (hier: Familienrollen) relevant setzt: Die Schreiberin wendet sich aus der Rolle der Mutter an den Sohn. Bereits mit ihrer von der Präferenz der Minimierung abweichenden Selbstreferenz »Mamalein« (in der hypokoristisch modalisierten Diminutivform) indiziert sie eine ironisch-spaßhafte Modalität. Diese wird durch die Referenz auf das Gegenüber in der 3. Person, d.h. durch die hypokoristisch modalisierte Diminutivform der komplementären Familienrolle »Söhnchen«, fortgesetzt, so dass die mütterliche Mitteilung bzw. Ermahnung an den Sohn, den Geburtstag des Vaters nicht zu vergessen (und ihm zu gratulieren), spielerisch kontextualisiert wird. Durch die markierte Abkehr von der default-Variante der Personaldeixisformen und den Gebrauch der relationalen kinship-terms positioniert die Schreiberin einerseits ihr Gegenüber (wie auch sich selbst) in einer spezifischen sozialen Rolle, und andererseits konstruiert sie damit einen ironisch, hypokoristischen stance in Bezug auf die vorgenommene (mahnende) Erinnerung.
Im folgenden WhatsApp-Dialog unterhalten sich die Geschwister Merle und Moritz darüber, dass nur Moritz zu Papa eingeladen wurde, und Merle nicht kommen soll, da es dem Papa »nicht recht« ist. Merle berichtet nun, dass sie dies auch Max, dem anderen Bruder, geschrieben hat:10
An diesem WhatsApp-Dialog wird die Multifunktionalität nominaler Referenzformen ersichtlich (WhatsApp #7): Durch die markierte Abkehr von der Präferenz der Minimierung (und damit von der Verwendung der deiktischen Form »dich«) und den Gebrauch der Form [Possessivpronomen + Familienrollenname-DIM.] »mein Schwesterlein« zur Referenz auf die Interaktionspartnerin positioniert der Schreiber sein Gegenüber im Geflecht der Geschwisterbeziehung. Ferner bindet das Possessivum »mein« die Kommunikationspartnerin explizit an den Schreiber. Das Diminutiv trägt zur Kontextualisierung einer kosenden Modalität bei.
Die gewählte Referenzform steht auch hier in engem Bezug zur kommunikativen Handlung: Die brüderliche Solidaritätskundgabe wird durch den inkrementell nachgeschobenen Zusatz »Nicht ohne mein Schwesterchen« verstärkt (der wiederum intertextuell auf den Film Nicht ohne meine Tochter verweist). Nach der folgenden Danksagung durch Merle (WhatsApp #8) expliziert Moritz seine Beziehung zum Gegenüber »Ich bin dein Bruder!« und untermauert durch diese Hervorhebung bekannter Tatsachen seine Geschwistersolidarität.
Wie die Ausschnitte KLEINE SCHWESTER, PAPAS GEBURTSTAG und BESUCH BEI PAPA illustrieren, mobilisieren die verwendeten kinship-Formen kulturelles Wissen, das mit den jeweiligen Familienrollen verwoben ist und tragen dazu bei, die betreffenden Handlungen (besorgte Nachfrage, Erinnerungsermahnung, Solidaritätskundgabe) in Bezug auf dieses Wissen zu rahmen.11 Die vorliegenden Referenzformen leisten also weitaus mehr, als ein reines referring simpliciter durch die deiktischen Formen »du« bzw. »dich« tun könnte:
- Die nominale Referenz führt insofern eine ›Re-Konfiguration‹ durch, als das Gegenüber nicht länger im deiktischen Zentrum des Hier-und-Jetzt verankert wird, sondern als Mitglied einer sozialen Kategorie (»membership category«; Sacks 1972) fokussiert wird. D.h. neben dem Verweis auf den/die ReferentIn wird eine beziehungskonfigurierende Rahmung konstruiert.12
- Mit den Familienrollenzuweisungen wird nicht nur Geschlecht, Generationszugehörigkeit und familiäre Beziehung markiert, sondern ein ›doing family identity‹ hergestellt, das insofern relational ausgerichtet ist, als diese Familienrollenreferenz auf das Gegenüber zugleich die entsprechende Selbstpositionierung als »Bruder«, »Mutter« etc. mitkodiert.13
- Die betreffende Referenzkategorie erweist sich wiederum als eng mit der aktualisierten Handlung verwoben (Jayyusi 1984): Der Bruder macht sich Sorgen um die Schwester, die Mutter erinnert den Sohn an Vaters Geburtstag, der Bruder erklärt sich mit der Schwester solidarisch. Im Sinne Knoblauchs (2017, 82) könnte man argumentieren, dass die Aktualisierung von Verwandtschaftskategorien zur Referenz auf das Gegenüber (statt der deiktischen Pronomina) »mit mehr oder weniger spezifischen Erwartungen verbunden sind«.14
Die folgende WhatsApp-Nachricht weicht in Bezug auf die Partizipantenrollen insofern von den bisherigen Ausschnitten ab, als hierbei aus der vermeintlichen Perspektive einer abwesenden Person (der großen Schwester) auf das Gegenüber (die kleine Schwester) referiert wird. Helena und Eva beklagen sich in ihrem WhatsApp-Dialog über ihre ältere Schwester Anne. In WhatsApp #5 referiert Helena (die mittlere Schwester) auf ihre Interaktionspartnerin Eva in der dritten Person mit »die kleine Schwester«. Allerdings übernimmt sie hierbei eine Fremdperspektive – nämlich die der abwesenden älteren Schwester Anne:
Helena drückt ihre Enttäuschung über das Verhalten der großen Schwester (Anne) aus und markiert zugleich ihre Solidarität mit Eva und deren Verhalten (»ich wäre auch gegangen«). Im Anschluss an die ironische Bemerkung über Anne »schön, dass das bei ihr mit der Empathie so gut funktioniert« folgt ihre Kritik an deren mangelnder Empathie gegenüber »der kleinen Schwester«. Mit dieser Kritik wechselt Helena zugleich das footing und nimmt einen »change in the alignment« vor (Goffman 1979, 5), indem sie in der dritten Person »die kleine Schwester« (statt mittels des shifters »dich«) auf ihr Gegenüber referiert. Somit wird eine Außenperspektive eingenommen, die das Gegenüber (Eva) nicht etwa im Zeigfeld (vgl. Bühler 1934/1999), sondern im ›Symbolfeld‹ – d.h. in der Rolle als »kleine Schwester« – positioniert. Mit dieser markierten Origoverankerung15 rückt Helena die Geschwisterrelation (doing family identity) in den Fokus und untermauert damit einhergehend ihre Kritik am devianten Verhalten der großen Schwester.
Obgleich die Schreiberin in diesem WhatsApp-Ausschnitt eine Referenz aus der (vermeintlichen, ironisch gebrochenen) Perspektive einer 3. Person (Anne) vornimmt, kommen auch hier die oben beschriebenen Funktionen der Fokussierung von Familienrollenzuweisungen, der Verankerung des Gegenübers jenseits des situationsgebundenen Zeigfelds und die enge Verwobenheit zwischen der aktualisierten sozialen Kategorie und der porträtierten Handlung zum Tragen. In Anlehnung an Bachtin (1979) könnte man ferner argumentieren, dass mit der in der 3. Person aktualisierten Referenz auf das Gegenüber eine Form der Polyphonie vorliegt: Die Perspektive der Figur der Anne durchdringt die Grenze des sprechenden Subjekts:16 Mit dieser referenzbezogenen Perspektiv-»Hybridisierung« (Bachtin 1979, 195) wird Eva (ironisch gebrochen) aus Annes Position gespiegelt.
3.2 Referenz auf das Gegenüber mit dem Kose- bzw. Intimnamen
SprecherInnen verwenden nicht nur Familienrollennamen, sie setzen auch immer wieder Beziehungs- bzw. Intimnamen zur Bezugnahme auf (virtuell) anwesende KommunikationspartnerInnen ein. Im Unterschied zu kinship-terms, mit denen die SprecherInnen einerseits die Familienrolle des/der AdressatIn (als »Tochter«, »Bruder« etc.) fokussieren und andererseits sich selbst dadurch mitpositionieren (als »Mutter« bzw. «Vater« oder »Schwester« bzw. »Bruder«), werden bei der Verwendung von Kose- bzw. Intimnamen17 vor allem die Beziehungskonstellationen (Intim- bzw. Freundschaftsbeziehung) sowie ein hypokoristischer stance indiziert.18
Bei der folgenden WhatsApp-Kommunikation referiert Maria (in WhatsApp #1) auf ihren Mann Paul, der einige Stunden nicht erreichbar war, mit dessen Intimnamen »Bär« und fragt ihn – quasi lateral adressierend – nach dem Grund seiner Unerreichbarkeit:19
Mit ihrer Anfrage in WhatsApp #1 aktiviert Maria ihren Intimcode, indem sie auf Paul (in der 3. Person) mit dessen Intimnamen »Bär« referiert und so ein Beziehungszeichen (»tie-sign«; vgl. Goffman 1974/82; Günthner 2018; dies., i.Dr.) setzt, das »für den privaten Konsum bestimmt« ist (Goffman 1974/82, 264). Pauls Replik in WhatsApp #2 greift den von Maria verwendeten Intimnamen nun zur Selbstreferenz (in der 3. Person) auf: »Bär am Arsch«. Auf diese Weise bestätigt er die interaktive Konstruktion des »doing being a couple« (Dammel/Niekrenz/Rapp/Wyss 2018, 160). Das unmittelbar folgende Emoji untermauert ebenfalls den Intimdiskurs. In ihrer Replik (WhatsApp #4) referiert Maria zunächst weiterhin auf Paul in der 3. Person (»Ja, der Bär ist total durch«) und behält damit die spielerisch-intime Kontextualisierung bei. Allerdings wechselt sie unmittelbar danach das footing, indem sie nun – mittels der deiktischen Proform »Du« – ihr (virtuelles) Gegenüber in der Origo des Verweisraums verankert: »Du brauchst Urlaub ohne ständig E‑Mails zu checken und ohne Küchengedöns.« (WhatsApp #4). Mit dieser Rückkehr zur default-Referenz erfolgt zugleich ein Wechsel der Aktivität und Interaktionsmodalität: Nun ermahnt Maria ihren Mann, kürzer zu treten und Urlaub zu nehmen.
Wie in der Interaktion BÄR GEFLÜCHTET so wird auch im folgenden WhatsApp-Dialog die von Lina in WhatsApp #1 eingesetzte nominale Referenz auf ihren Freund Lennard (»der edle Herr«) von diesem in seiner Replik (WhatsApp #2) zur Selbstreferenz aufgegriffen:
Bereits die Verwendung der Referenzform »der edle Herr« (WhatsApp #1) indiziert einen ironischen Unterton in Linas Anfrage wegen einer möglichen Verabredung. Diese nominale Anrede in der 3. Person, die im Deutschen bis ins 20. Jahrhundert gegenüber Höherstehenden verwendet wurde, ist der Intimname, den Lina gegenüber Lennard (meist ironisch aufgeladen) einsetzt. Lennard greift in seiner Replik (WhatsApp #2) diese Referenzform auf, indem er sie nun selbstreferenziell in seine Ablehnung der (indirekt formulierten) Anfrage einbaut. Dem folgenden Emoji, das seinen Kummer angesichts des Interessenkonflikts markiert, fügt er einen account für die indirekte Ablehnung der indirekten Nachfrage an.
Die WhatsApp-Dialoge BÄR GEFLÜCHTET und DER EDLE HERR verdeutlichen, wie die Kommunikationspartner in ihren Anschlussrepliken die von den vorausgehenden Schreiberinnen aktualisierten ›Beziehungszeichen‹ zur Selbstreferenz rezyklieren und damit die von den Partnerinnen initiierte Modalität bestätigen und fortführen.
Obgleich die Interagierenden in der WhatsApp-Kommunikation räumlich und teilweise zeitlich distant interagieren, wird dennoch (wie die präsentierten Ausschnitte zeigen) ein gemeinsamer Kommunikationsraum etabliert, in dem die Akteure ihre Interaktionsschritte so koordinieren, dass sie »an verschiedenen Orten aufeinander wirken« (Knoblauch 2017, 369). Hierbei lässt sich der interaktive Prozess des »wechselseitig sich-aufeinander-Einstimmens« (Schütz 1951/72, 132) beobachten, wobei beide InteraktionspartnerInnen ihre Beziehung bzw. Identität als IntimpartnerInnen zementieren.
Auch im folgenden Dialog, in dem die KommunikationspartnerInnen auf ihr Gegenüber mit dem jeweils etablierten Intimnamen verweisen, werden durch diese markierte Abkehr von der minimierten deiktischen Referenzform (»dich«) soziale Informationen fokussiert: Zum einen wird die intime Beziehung re-aktiviert, zum anderen tragen die kosenden Referenzformen wiederum dazu bei, die betreffenden Handlungen – und damit die Sehnsuchtsbekundungen – zu konstituieren:
Die Verwendung von Intimnamen, die auf einem »shared common ground« (Clark 1996; Gumperz 2002) basiert, trägt somit aktiv zur ›Beziehungsarbeit‹ der InteraktionspartnerInnen bei: Diese Referenzformen sowie die Wechselseitigkeit der Nutzung dieser kommunikativen Praktik bilden eine in der sozialen Welt des Paares geteilte Ressource – ein ›Beziehungszeichen‹ (»with-tie«; Goffman 1974/82), das das Paar von der Außenwelt abgrenzt.
Die Ausschnitte illustrieren somit, dass auch in der digitalen Kommunikation – trotz der räumlichen (und teilweise zeitlichen) Distanz und der Loslösung vom Hier-und-Jetzt einer Face-to-face-Kommunikation – sehr wohl intensive Affekte und Empathie übermittelt werden können. Die Daten zeigen also einmal mehr, was Liebert (2019, 219) in Hinblick auf eine »Linguistik des Digitalen« fordert: »Der komplexe Zusammenhang von Interaktionen zwischen unterschiedlichen Akteuren (Menschen, Maschinen, soziale Medien, Medienunternehmen) sollte auf der Basis interaktionaler und organisationaler Linguistik empirisch untersucht werden.«
3.3 Referenz auf das Gegenüber mit ad hoc-Titulierungen
Wie Schwitalla (2010b, 176ff.) ausführt, verweisen SprecherInnen gelegentlich auf ihr Gegenüber mit (fingierten) Rollenbezeichnungen wie »gnädiges Fräulein«, »der Herr Professor«, »der verehrte Herr Oberstudienrat« etc. Solche Titulierungen (mit oder ohne attributive Adjektive), die die Position des Gegenübers ›überhöhen‹, werden oftmals zur Distanzmarkierung bei kritischen bzw. ironischen Bemerkungen eingesetzt. Bereits im Ausschnitt DER EDLE HERR lag eine solche ironische Überhöhung in Bezug auf die Titulierung des Gegenübers vor; allerdings handelte es sich da um einen in der Paarbeziehung verfestigten Intimnamen. Ironisch-kritisch modalisierte Referenzformen kommen aber auch ad hoc vor, wie im Eingangsbeispiel SCHWÄBISCH, wo der Onkel auf seinen Neffen mit »der herr ingenIEUR« verweist. Obgleich der Neffe nur lateral in der 3. Person adressiert wird, ist er dennoch der faktische Rezipient der Kritik:
Die ironische Überzeichnung und Rollenzuschreibung verschärft die Kritik insofern, als dem anwesenden Neffen eine Titulierung zugeschrieben wird, die ihm (noch) nicht zusteht. Auch hier bildet die Referenzform einen wesentlichen Bestandteil der kommunikativen Handlung, denn die darin implizierte Anmaßung ist zugleich der Grund für die Kritik am Verhalten des Neffen: Er verhält sich wie ein »Herr Ingenieur«, der meint, er sei »was BESSeres.«, und der auf seine nicht-akademischen Verwandten herabschaut.
Im Unterschied zu festen Familienrollen- bzw. Intimnamen, die eine (über die Interaktion hinausgehende) Beziehungsrolle zwischen der Sprecherin und dem Gegenüber indizieren, werden mit den vorliegenden Zuschreibungen kurzfristige Attribuierungen erzeugt, die mit den situativen Handlungen verwoben sind.
Der folgende Gesprächsausschnitt zwischen zwei Nachbarinnen veranschaulicht ebenfalls eine solche ironisch verwendete, überhöhte Titulierung (»die dAme«; Z. 074). Allerdings wird diese Referenzierung in einer Klatschgeschichte in Form fremder Rede rekonstruiert (und nicht etwa in situ produziert). Frau Stern berichtet Frau Born, wie eine Nachbarin (Frau Maier) sie auf ihr neu gekauftes, elegantes Kleid angesprochen hat:
Frau Stern rekonstruiert die vergangene Szene anhand einer direkten Redewiedergabe, in der die zitierte Nachbarin (Frau Maier) ihr Erstaunen über die Eleganz des Kleides von Frau Stern zum Ausdruck bringt und diese dabei lateral als »die dAme« tituliert (Z. 074). Mit der Referenzform wird auch in dieser Redekonstruktion eine Überhöhung vorgenommen, was zugleich eine Kritik am Verhalten des Gegenübers impliziert. Im Anschluss an die Rederekonstruktion der Nachbarin »«h> wo hat die dAme das KLEID (XXX) her;>« (Z. 074) reinszeniert Frau Stern ihre eigene Schlagfertigkeit, indem sie zunächst den Metakommentar liefert, dass sie der Nachbarin »ins geSICHT« gegrinst hat, bevor sie mit der Äußerung konterte: »«schmunzelnd> die DAme hat das kleid zu brittas HOCHzeit gekauft.>« (Z. 077). In dieser Rederekonstruktion greift Frau Stern die von der Nachbarin verwendete Fremdtitulierung auf (»die Dame«) und wendet sie selbstreferenziell auf sich an. Frau Borns Reaktion (Z. 083) verdeutlicht, dass Frau Sterns rekonstruierte Replik als ein gelungenes Kontern interpretiert wird.
Wie in Günthner (1999; 2000) dargelegt, finden sich im Kontext von Frotzeleien – und damit in spielerisch-spaßhaft modulierten verbalen Attacken – immer wieder »laterale Adressierungen« des Frotzelobjekts: Der/die Kritisierte wird zum »Vorführobjekt«, über das man sich spielerisch-scherzhaft mokiert (Günthner 1999; 2000, 165).
Die spielerische Vorführung eines lateral adressierten Gesprächsteilnehmers, dessen Verhalten kritisiert bzw. ›aufs Korn genommen wird‹, kommt auch im folgenden Gesprächsausschnitt zum Ausdruck. Ulf, Lea und Sonja sind bei einem befreundeten Studentenpaar (Kathi und Rolf) zum Essen eingeladen. Als sie eintreffen, ist das Essen noch nicht fertig, worauf diese scherzhaft darüber lästern, dass sie trotz großen Hungers auf das Essen warten müssen. Kathi setzt die scherzhafte Modalität fort, indem sie ihrem Partner Rolf die Schuld zuweist, der angeblich »zu lange zum Wäscheaufhängen« gebraucht hat. Ulf und Lea steigen mit ihren Bemerkungen (Z. 38 ff.) in die Frotzelaktivität ein:
Unmittelbar im Anschluss an Leas Bemerkung »hier verHUNGert alles. [und so]« (Z. 40) baut Ulf die Frotzelei aus, indem er Leas spielerischen Vorwurf, dass die Gäste hungern müssen, nun begründet: »nur weil der herr MAIer, mit der WÄSCHe nicht klarkommt.« (Z. 41ff.). Die Referenz auf das Frotzelobjekt Rolf mittels »herr MAIer« stellt eine Abkehr von den Anrede- und Referenzgepflogenheiten der Gruppe dar, die sich mit Vornamen anredet und duzt. Durch diese markierte Bezugnahme in der dritten Person wird Rolf zum Vorführobjekt, auf dessen Kosten man sich amüsiert.
Dieser footing-Wechsel kann als Bestandteil der kommunikativen Handlung bzw. der kleinen Gattung des Frotzelns betrachtet werden, der neben den Lach- und Kicherpartikeln, der markiert hohen Tonlage (Z. 38), der hyperbolischen Formulierungen (»Alles«) etc. zur Kontextualisierung der spielerisch-spaßhaften Modalität beiträgt (vgl. Günthner 1999; 2000).
Die Datenausschnitte SCHWÄBISCH, ELEGANTES KLEID und WÄSCHE verdeutlichen einmal mehr, wie eng die Grenzziehung zwischen ernsthafter Kritik und spielerischer Attacke verläuft. Mittels solch spielerisch modulierter Attacken in Bezug auf das Verhalten des Gegenübers drücken SprecherInnen eine moralisierende Kritik aus, die sowohl die Lacher auf ihrer Seite hat, als auch eine Möglichkeit des Rückzugs aufweist (»das war doch nur ein Scherz!«; vgl. Günthner 1999; 2000). Frotzeleien zeigen somit eine gewisse Ähnlichkeit zu jenen »Tätigkeiten«, die Freud (1940/92,110f.) als »feindselige« bzw. »aggressive« Witze bezeichnet: Diese ermöglichen es uns, »Lächerliches am Feind zu verwerten, das wir entgegenstehender Hindernisse wegen nicht laut oder nicht bewußt vorbringen durften«.
4. Fazit
Wie die präsentierten Datenausschnitte zeigen, weichen Interagierende in bestimmten Kontexten durchaus von der default-Referenz auf ihr Gegenüber ab, indem sie nominale Referenzformen einsetzen. Diese markierte Abkehr von der Präferenz des referring simpliciter tut – wie Stivers (2007, 85) in Bezug auf andere alternative Referenzierungspraktiken ausführt – weit mehr, als nur zu referieren: »In all cases the extra work has been to fit the referring expression to the action that is otherwise being implemented through the talk, and in all cases the referring expression assists with the implementation of the action (e.g. the complaint or the announcement) and it works to account for the action (e.g., why the complaint is being lodged).«
Zugleich illustrieren die vorliegenden Ausschnitte, dass nominale Referenzformen auf das Gegenüber variabel gestaltet und multifunktional einsetzbar sind: SprecherInnen setzen sowohl Familienrollennamen als auch Kose- bzw. Intimnamen wie auch ad hoc-Titulierungen zur Bezugnahme auf den/die KommunikationspartnerIn ein. Solche Referenzen in der 3. Person (bzw. laterale Bezugnahmen) indizieren stets einen footing-Wechsel und damit einen Wechsel in der Partizipientenausrichtung, der in enger Verbindung mit der jeweils auszuführenden Handlung steht: Die betreffenden Referenzformen unterstützen nicht nur die auszuführende Sprechhandlung, sondern die Handlungen werden durch die Referenzformen geradezu mit-vollzogen.
Darüber hinaus veranschaulichen die WhatsApp-Dialoge, dass auch in der computer-vermittelten Kommunikation – trotz der Loslösung vom Hier-und-Jetzt – intersubjektive Reziprozität sowie emotionale Perspektivübernahmen (bzw. empathische Anteilnahme an der Gefühlswelt des räumlich distanten Gegenübers) durchaus möglich sind.20
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Schegloff, Emanuel A. 1996: Some Practices for Referring to Persons in Talk-in-Interaction: A Partial Sketch of a Systematics. In: Barbara Fox (Hg.): Studies in Anaphora. Amsterdam/Philadelphia: John Benjamins, 437–485.
Schegloff, Emanuel 2006: Interaction: The Infrastructure for Social Institutions, the Natural Ecological Niche for Language, and the Arena in which Culture is Enacted. In: Nicholas Enfield/Stephen Levinson (Hg.): Roots of Human Sociality. Culture, Cognition and Interaction. New York/Oxford: Berg, 70–96.
Schütz, Alfred 1951/1972: Gemeinsam Musizieren. In: Arvid Brodersen (Hg.): Alfred Schütz, Gesammelte Aufsätze Bd.2. Den Haag: Martinus Nijhoff, 129–152.
Schwitalla, Johannes 2010a: Kommunikative Funktionen von Sprecher- und Adressatennamen in Gesprächen. In: Nicolas Pepin/Elwys de Stefani (Hg.): Eigennamen in der gesprochenen Sprache. Tübingen: Francke, 179–199.
Schwitalla, Johannes 2010b: Von sich selbst und dem direkten Adressaten in der 3. Person sprechen. In: Werner Kallmeyer/Ewald Reuter/Jürgen F. Schopp (Hg.): Perspektiven auf Kommunikation. FS für Liisa Tiittula zum 60. Geburtstag. Berlin: Saxa, 163–184.
Silverstein, Michael 1976: Shifters, Linguistic Categories, and Cultural Description. In: Keith Basso/Henry Selby (Hg.): Meaning in Anthropology. Albuquerque: University of New Mexico Press, 11–55.
Stivers, Tanya 2007: Alternative recognitionals in person reference. In: Nicholas J. Enfield/Tanya Stivers (Hg.): Person Reference in Interaction: Linguistic, cultural and social perspectives. Cambridge: Cambridge University Press, 73–96.
Stivers, Tanya/Enfield, Nicholas J./Levinson, Stephen C. 2007: Person reference in interaction. In: Nicholas J. Enfield/Tanya Stivers(eds.): Person reference in Interaction: Linguistic, cultural and social perspectives. Cambridge: Cambridge University Press, 1–20.
1 Kommunikative Praktiken werden verstanden als routinisierte, interaktionale Verfahren zur Herstellung sozialer Aktivitäten (vgl. Günthner 2016; Günthner/König 2016). Zum Konzept der kommunikativen Praktiken siehe auch Deppermann/Feilke/ Linke (2016).
2 Siehe auch Liebert (2016) zu grenzüberschreitenden Fragestellungen kulturwissenschaftlichen Arbeitens.
3 Siehe u.a. den Sammelband von Linke/Schröter (2017) zur sprachlichen Herstellung sozialer Relationen.
4 Hierzu auch Günthner (2000, 156ff.).
5 Siehe Liebert (2016, 22) zur Relevanz authentischer Daten für kulturwissenschaftliche Forschung in der Linguistik und der Auseinandersetzung mit »realer Kultur und Sozialität«.
6 Mit dem Begriff ›alternative Formen‹ beziehe ich mich auf Stivers (2007, 73ff.) Konzept der »alternative recognitionals in person reference«. Laut Stivers (2007, 77) liegen »alternative recognitionals« dann vor, wenn: »(1) the speaker must know the unmarked form (e.g. the name). (2) the speaker must (a) assume the hearer knows the unmarked form and (b) assume that the hearer would assume the speaker knows it. (3) the form used must still be recognitional for the hearer.«
7 Zum Konzept von ›stances‹ siehe u.a. Kärkkäinen (2006).
8 Mit dem Begriff der Kontextualisierung orientiere ich mich an den Arbeiten von Auer/di Luzio (1982); Gumperz (1982). Hierzu Günthner (1993; 2000).
9 Zur nominalen Selbstreferenz in Alltagsinteraktionen siehe Günthner (2017; 2018; i.Dr.). Siehe auch Schwitalla (2010a; b) zur Referenz auf SprecherIn und AdressatIn in der 3. Person.
10 Ich danke Sandra Rosener für die Bereitstellung dieses WhatsApp-Dialogs.
11 Siehe auch Stivers (2007: 501); sowie Günthner (i. Dr.).
12 In Anlehnung an Linke/Schröter (2017,12) könnte man argumentieren, dass durch Familienrollennamen »relationship categorization« und damit die Zuschreibung von Beziehungsrelationen erzielt wird.
13 Hierzu auch Günthner (2017; 2018; i.Dr.).
14 Siehe auch Linke/Schröter (2017, 3).
15 Siehe auch Schwitalla (2010b) zum Sprechen »von sich selbst und dem direkten Adressaten in der 3. Person«. Siehe auch Günthner (2018; i.Dr.).
16 Hierzu ausführlicher Günthner (2000, 279ff.).
17 Zu Kose- bzw. Intimnamen siehe Nübling/Fahlbusch/Heuser (2012) sowie Günthner/Zhu (2015) und Günthner (i.Dr.).
18 Ferner ist die Verwendung des Intimnamens individueller ausgerichtet als der Familienrollenname, der Alter-Ego als Mitglied einer Verwandtschaftskategorie präsentiert.
19 Zur nominalen Selbstreferenz siehe Günthner (i.Dr.).
20 Siehe auch Liebert (2019) zur Vermittlung von Empathie in der digitalen zwischenmenschlichen Kommunikation.